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Spark Wien 2024; Foto Stefan kobel
Spark Wien 2024; Foto Stefan kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 12 2024

Einen launigen Vergleich erlaubt sich Michael Huber als Einstieg in seinen Messebericht von der Spark in Wien im Kurier: „Eine Kunstmesse ähnelt auf gewisse Weise einem Güterzug. Nicht nur, weil oft schwere und wertvolle Ladungen bewegt werden: Eine Messe ist als wirtschaftliches Vehikel stets ein Verbund, und wenn dieser erfolgreich unterwegs sein soll, braucht er gut beladene Waggons und idealerweise mehrere Lokomotiven, die ihn ziehen. Große Künstlernamen und das Renommee von Galerien dienen in der Kunstwelt als Treibstoff, die sprichwörtliche Kohle kommt danach. Im Vorjahr waren der Kunstmesse 'Spark' in Wien einige Loks und Waggons abhandengekommen, weswegen man sich zur Absage entschloss. Die heurige Auflage ist ein Comeback, für das man auf mehreren Gleisen viel Aufgebot bereitstellte. Olga Kronsteiner schreibt im Standard: „Regie führten dabei Jan Gustav Fiedler und Walter Seidl als künstlerische Leiter, beraten von Marina Fokidis und Christoph Doswald. Zu sehen und zu kaufen gibt es folglich nur, wozu dieses Quartett und ein Galerienbeirat zuvor seinen Segen erteilt haben. Hie und da drängt sich der Verdacht auf, man hatte Mühe, die viertelkreisförmigen Kojen auch alle vermietet zu bekommen. Das Ergebnis ist jedenfalls internationaler als zuletzt, belegt das aus 20 Ländern rekrutierte Teilnehmerfeld. Ein gutes Drittel kommt aus Österreich, wobei hier neuerdings auch der Kunsthandel vertreten ist: mit Arriviertem à la Max Weiler (Wienerroither & Kohlbacher), Christian Ludwig Attersee (Galerie bei der Albertina), Arnulf Rainer (Ruberl) und Franz West (Konzett). Das ist dann wohl, was Fiedler zum Auftakt mit der "jungen, dynamischen Szene in Wien" meint, die in die Welt hinausstrahle. Das Konzept ist eben, wie es ist: mit Fokus auf Einzelpräsentationen ohne Alterslimit, Hauptsache Nachkriegsgenerationen.“ Ist das noch Wiener Schmäh , oder doch schon ein bisschen Schmähung? Staunend läuft Laura Ewert für Monopol durch Wien und über die Kunstmesse: „'Stadt im Dialog' ist der Titel der dritten Ausgabe der Wiener Kunstmesse Spark, und auch wenn Kunstmessen wirklich keine Titel brauchen, und dieser nun auch nicht unbedingt in den zu sehenden Exponaten zu erkennen ist, so möchte man doch kurz auf die Stadt eingehen, die diese junge Kunstmesse beheimatet. Denn Wien hat sich durchaus zu einer Kunststadt entwickelt, in der junge Künstler cool rumhängen [...]. Die Skulpturen von Martin Grandits, die Fotografien von Maša Stanić, die Wandobjekte von Nikola Milojcevic, das ist doch alles recht – äh – cool.“ Ich war für das Handelsblatt und Artmagazine in Wien.

Den neuen Art Basel UBS Art Market Report fasst Ursula Scheer in der FAZ zusammen: „Unterm Strich bleibt – obwohl man sich immer noch über vorpandemischem Niveau bewegt – dem Report zufolge ein Minus von vier Prozent. Um so viel ist der geschätzte Gesamtumsatz des weltweiten Kunsthandels 2023 im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft, auf rund 65 Milliarden Dollar. Verantwortlich dafür war der Analyse nach vor allem das Spitzensegment, in dem nicht mehr eine ganz so atemlose Jagd nach Top-Werken zu Höchstpreisen herrschte wie in den Vorjahren. Weniger als ein Prozent der verkauften Kunstwerke sorgt für 55 Prozent der Wertschöpfung: Deshalb trifft es den Kunstmarkt spürbar, wenn sich Auktionsverkäufe jenseits der Zehn-Millionen-Dollar Marke ausdünnten, wie 2023 geschehen.“ Vergleichbare Erkenntnisse zieht Daniel Cassady für Artnews aus dem Bericht. Kabir Jhala hebt im Art Newspaper vor allem auf den britischen Markt ab.

Eine Woche nach dem Handelsblatt, für das Stephanie Dieckvoss in einer weiteren Nachlese speziell auf deutsch Künstler blickt, analysiert Anne Reimers in der FAZ die Londoner Auktionen: „Wer von den Londoner März-Auktionen moderner und zeitgenössischer Kunst ein deutliches Signal des Aufschwungs für den Auktionsmarkt erwartet hatte, wurde enttäuscht. Käufer bleiben gegenüber Einlieferern in der stärkeren Position und sind weniger zuverlässig geworden. Vorab angemeldetes Interesse an bestimmten Werken führt nicht unbedingt zu einem fest zugesagten Gebot am Auktionstag. Das unterstrich die große Anzahl kurz vor Versteigerungsbeginn zurückgezogener Lose: zehn bei Sotheby’s, sieben bei Christie’s. Bei dem 'Modern & Contemporary Evening Auction' von Sotheby’s gingen zusammen mit 'The Now' 60 Lose an den Start. 21 waren durch Garantien abgesichert. Die obere Gesamterwartung lag bei 106,5 Millionen Pfund. Umgesetzt wurden 99,7 Millionen mit 54 verkauften Losen. Das ist deutlich weniger als bei den beiden entsprechenden Auktionen im vergangenen Jahr, als mit zusammengenommen 51 Losen 172,6 Millionen Pfund eingespielt wurden. Damals trug allein ein Kandinsky mehr als 37 Millionen Pfund bei.“

Während einem vielbemühten Zitat Gustav Mahlers zufolge in Wien alles 50 Jahre später passiert, scheint es andersherum so zu sein, dass man in Berlin von Entwicklungen, die woanders passieren, erst zehn Jahre später Kenntnis nimmt. So entdeckt Marcus Boxler jetzt für Monopol die Wiener Kunstszene: „Doch Wien war nicht nur für das 19. und 20. Jahrhundert eine denkbar geeignete Kulisse, sondern rückt zunehmend in den Fokus der Gegenwartskunst: Neue Galerien, neue Messen, neue Formate, junge Generationen von Künstlerinnen und Künstlern, Kuratorinnen, Forschenden. Lange Zeit galt die Stadt vor allem als Zentrum darstellender Künste, seit Jahrzehnten wandelt sich dieser Eindruck. Was entwickelt sich gerade in Wien, und woher weht der frische Wind? Vier Hauptgründe für den Kunst-Boom haben sich in den Gesprächen herauskristallisiert, die für diesen Text geführt wurden. Jan Gustav Fiedler, Künstlerischer Direktor der Spark Art Fair, die an diesem Wochenende stattfindet, fasst sie so zusammen: 'Bezahlbarer Wohn- und Atelierraum, eine reiche Kulturhistorie mit einem vielfältigen Gegenwartsprogramm und eine zunehmende Internationalisierung.'“

Österreich stockt seine Galerien- und Künstlerförderung auf, berichtet Olga Kronsteiner im Standard: „Wie das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) verlautbarte, wurden die Auslandsmesseförderung sowie die Galerienförderung durch Museumsankäufe erhöht. […] Sie steigen um 150.000 Euro auf 550.000 Euro, wobei die Maximalförderung pro einreichender Galerie auf 25.000 Euro angehoben wird. Für 'Off-Messen' wird die finanzielle Unterstützung von 4000 auf 8000 Euro verdoppelt. Jährlich profitieren über 40 Galerien bei bis zu 80 Messen mit österreichischer Kunst von diesem Programm, das seit 2022 über den Galerienverband abgewickelt wird. Das stärkste Interesse der Förderwerber besteht heuer an der Art Cologne (15), gefolgt von der Artissima in Turin (14), der Art Düsseldorf und der Art Basel (je sieben). Die Galerienförderung durch Museumsankäufe wurde nun vom BMKÖS um 200.000 Euro auf jährlich 750.000 Euro erhöht.“ Warum bloß sind österreichische Galerien international überproportional sichtbarer als deutsche? Ein Rätsel!

Künstlerhonorare für institutionelle Ausstellungsbeteiligungen sind immer noch nicht selbstverständlich. Julia Halperin stellt im Art Newspaper eine Initiative vor, die das ändern will und zumindest für die USA ein Online-Tool zur Berechnung von Honoraren erstellt hat: „Working Artists and the Greater Economy (Wage), eine 2012 gegründete Non-Profit-Organisation, die sich für die Regulierung von Künstlerhonoraren im Non-Profit-Sektor einsetzt, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich der Ansatz der Branche verändert hat. 'Wir versuchen, die Beziehung zwischen Künstlern und Institutionen neu zu definieren, und zwar als eine Beziehung der Arbeit und nicht der Wohltätigkeit', sagt Lise Soskolne, die Hauptorganisatorin von Wage, 'vor allem, wenn man bedenkt, wie flüchtig und unzuverlässig der finanzielle Erfolg für Künstler ist.'“

Endlich haben der Bund und die Länder eine Reform im Umgang der öffentlichen Hand mit Raubkunst auf den Weg gebracht, berichtet, Christiane Fricke im Handelsblatt: „An die die Stelle der 'Beratenden Kommission' soll eine Schiedsgerichtsbarkeit treten, deren Entscheidungen – anders als zuvor – rechtlich verbindlich und von einer weiteren Instanz überprüfbar sein sollen. Damit wäre ein umfassendes, auch Privatleute einbeziehendes Restitutionsgesetz vorerst vom Tisch. Das am 13. März 2024 beschlossene Reformvorhaben nimmt die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen in die Pflicht; in der Hoffnung, dass Opfer und ihre Erben ihre Ansprüche zukünftig zügig und mit der Aussicht auf Erfolg verfolgen können. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs brauchten diese bislang einen langen Atem, tiefe Taschen und Nerven ohne Ende, um als Bittsteller in mitunter bis zu 15 Jahre dauernden Verfahren zu einem Ergebnis zu kommen.“ Und auch bei diesem Thema referenzieren sich anglo-amerikanischen Medien nur untereinander. So behauptet Karen K. Ho bei Artnews, die Ertsmeldung stamme von Catherine Hickley im Art Newspaper, obwohl deutsche Medien die Meldung bereits einen Tag vorher gebracht hatten, wie etwa Stefan Koldehoff im Deutschlandfunk.

Den Beitrag des Kunsthandels zur Provenienzforschung beschreibt Susanne Schreiber im Handelsblatt: „Warum der Austausch zwischen Handel und Wissenschaft hakt, bringen Christian Fuhrmeister und Stephan Klingen, beide Forscher am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München [...] auf den Punkt: 'Die Interessen divergieren: intellektueller versus materiellen Profit.' Die komplexe Untersuchung von Besitzwechseln im Nationalsozialismus gilt den Akademikern oft als untergeordnete Dienstleistung. Forschungsfreiheit hingegen bedeute, dass niemand mit kommerziellem Interesse Zugriff auf die Daten haben dürfe. Fuhrmeister und Klingen fragen nach einer Instanz, die die 'Verantwortung übernimmt für jene Grundlagen- oder Kontextforschung zum Nationalsozialismus', die Museen, Handel und Privatsammler dringend brauchen. Sie fragen nach einer Wissensgenerierung und -distribution, die nicht länger in die Sackgasse läuft. Also in Prüfungsämter, die Forschungsarbeiten zu jüdischen Marktteilnehmern horten, nicht aber zugänglich machen.“

Der Palästina-Konflikt beeinträchtige durch den Beschuss der Handelsrouten im Roten Meer durch die jemenitischen Huthis auch Kunsttransporte, hat Melissa Gronlund für das Art Newspaper herausgefunden: „Schifffahrtsunternehmen und Kunden wollten sich nicht zu dem Thema äußern, aber Quellen bestätigen, dass eine Reihe von Veranstaltungen im Nahen Osten betroffen sind, darunter die Diriyah Biennale, für die Hasenkamp unter Vertrag genommen wurde. Die zweite Ausgabe der Biennale für zeitgenössische Kunst in Saudi-Arabien wurde am 20. Februar außerhalb von Riad eröffnet. Es gab Verzögerungen bei der Fracht, die bereits im Roten Meer unterwegs war, und die Transportmethode musste für eine Reihe von Werken von See- auf Luftfracht umgestellt werden, was Auswirkungen auf das Budget hatte.“

Die nicht wirklich zuende gedachte Idee einer Art Folgerecht für die ursprünglichen Eigentümer eines Kunstobjekts, das sich später als millionenschweres Meisterwerk entpuppt, darf Ben Lewis im Art Newspaper ausbreiten.

Was man von dem Berliner Galeristen Johann König zu halten habe, auch wenn die Unschuldsvermutung gelte, legt Marlene Knobloch nur mäßig verhohlen in der Süddeutschen Zeitung vom 14. März nahe: „Bis heute ist er ist kein Verurteilter, es gab nie einen Gerichtsprozess gegen ihn. Was gerade bei MeToo-Fragen nicht bedeutet, frei von Schuld zu sein. Besonders, wenn es um einen sehr mächtigen, berühmten, einer reichen Familie entstammenden, klagefreudigen Mann wie Johann König geht. 'Ihn als Feind zu haben ist eine Katastrophe', formuliert es eine ehemalige Mitarbeiterin. König hatte sich selbst an die SZ gewandt, er will ins Medienlicht, will über seine Version der Geschichte reden. Er gibt sich im Gespräch betont offen, er habe nichts zu verbergen. […] Er wirkt wie jemand, der verzweifelt versucht, von der Wahrheit zu überzeugen. Oder wie jemand, für den Wahrheit etwas ist, die man mit viel Überzeugungskraft selbst schafft.“ Auch Per Hinrichs greift das Thema in der WeLT vom 12. März auf: „Nun geht König zum Angriff über. Er will das renommierte Hamburger Medienhaus auf Schadenersatz in Höhe von bis zu zwölf Millionen Euro verklagen; die Klageschrift soll in den kommenden Wochen bei Gericht eingehen. „Ich weiß, dass die schon richtig Angst vor dem Verfahren haben“, gibt er sich siegessicher. „Ein leitender Redakteur hatte ein großes Interview angeboten, wenn wir die Schadenersatzklage fallen lassen.“ König schlug aus. Die „Zeit“ bestreitet auf Anfrage, dass es das Angebot gegeben habe. Sie hält im Übrigen an ihrer Schilderung fest. Die atemberaubend hoch anmutende Summe setzt sich aus den entgangenen Gewinnen zusammen, die König nach seiner Überzeugung nicht habe realisieren können. Denn ein Großteil der von ihm vertretenen Künstler kehrte der Galerie den Rücken. Viele der Maler und Bildhauer, die einst ihre Werke in der ausrangierten Kirche anbieten ließen, trieb anscheinend nicht die Sorge um die angeblich missbrauchten Frauen an.In Erklärungen teilten sie ihm mit, dass das schlechte Image des Ausstellers auf sie zurückfallen könnte, wenn sie weiter mit der Galerie zusammenarbeiten würden. Das geht aus Kündigungsschreiben hervor, die König vorlegt.“