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Kobels Kunstwoche

Passt leider aktuell zu vielen Themen; HINKU Mainostoimisto "Freedom of Speech", frei via creativesforukraine.com
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Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 22 2023

Die Arco Lisboa emanzipiert sich mit eigenen Schwerpunkten von der Madrider Mutter, ist dem Messebericht von Nicole Scheyerer für die FAZ zu entnehmen: „An der sechsten Ausgabe beteiligen sich 86 Galerien, wovon nur 25 aus Portugal stammen. Die ARCO Lisboa legt seit drei Jahren einen Schwerpunkt auf Afrika, bestehen doch durch die Kolonialgeschichte Portugals bis heute enge Verbindung zu Ländern wie Angola oder Moçambique. Acht Aussteller von dem Kontinents sind vertreten, die bewusst keiner eigenen 'exotischen Sektion' zugeordnet sind, wie die zuständige Kuratorin Paula Nascimento betont.

Österreich hat mit der STAGE Bregenz ab nächstem Jahr eine neue Kunstmesse. Direktor ist Renger van den Heuvel, der schon für die Viennacontemporary und die Spark Art Fair in Wien verantwortlich zeichnete, wie Werner Remm bei Artmagazine erklärt: „Renger van den Heuvel will gemeinsam mit Partnern in der Region ein attraktives Gesamtprogramm gestalten, mit dem das hohe Potential der Vierländerregion weiter entwickelt werden soll. Konkurrenz in der erweiterten Region gibt es allerdings im ersten Jahr, denn STAGE Bregenz findet gleichzeitig mit der 200 Kilometer entfernten Art Karlsruhe statt. Dennoch ist Renger van den Heuvel überzeugt, dass die neue Messe mit Unterstützung aus Politik, Kunst, Design und Architektur erfolgreich sein wird.“

Wie unterrepräsentiert Frauen im deutschen Sekundärmarkt sind, fällt Swantje Karich beim Stöbern in den aktuellen Auktionskatalogen für DIE WeLT auf: „Mit Blick auf diese Auktionsangebote zeigt sich wieder, wie wenig präsent die Künstlerinnen immer noch in Deutschland sind, wie aufwendig es aber auch für die Auktionshäuser ist, die Werke und die Sammler, die jetzt schon verkaufen wollen, zu finden. Sheila Hicks ist sicherlich ein Beispiel für eine Künstlerin, deren Markt sich in Deutschland erst entwickelt. Miriam Cahn hingegen hat ihre festen Sammler. [...] Ist also die Lage international für Künstlerinnen so viel besser? In New York wurden in der Abendauktion mit Moderner Kunst bei Sotheby’s im Mai nur drei Frauen (Eli Nadelman, Berthe Morisot und Georgia O’Keefe) gezählt, bei Christie’s beim gesamten 20. Jahrhundert nur fünf. Interessant aber wird es dort im 21. Jahrhundert, das in deutschen Auktionshäuser schwächer besetzt ist: Der Evening Sale bei Christie’s im Mai bot beispielsweise 14 Frauen bei 28 Losen an“.

Auf ein Steuersparmodell in den USA weisen Scott Reyburn und Anny Shaw im Art Newspaper hin: „Timing ist im Bereich des philanthropischen Engagements in den USA zu einem wichtigen Thema geworden, dank der wenig bekannten, aber immer einflussreicheren anonymen Wohltätigkeitsfonds, den sogenannten Donor Advised Funds (DAFs). DAFs ermöglichen es vermögenden Privatpersonen, Steuererleichterungen in Anspruch zu nehmen, sobald Vermögenswerte an den Fonds gespendet werden, ohne dass sie formal verpflichtet sind, das Geld innerhalb einer bestimmten Frist an eine Wohltätigkeitsorganisation auszuzahlen. Das Vermögen kann innerhalb des Fonds steuerfrei an Wert gewinnen und philanthropische Entscheidungen können theoretisch auf unbestimmte Zeit auf nachfolgende Generationen verschoben werden.“

Wie die Ankaufspolitik von Museen durchaus von der „großen“ Politik mitbestimmt wird, zeichnet Christian Herchenröder anhand einer Albrecht Dürer-Ausstelung in Berlin für das Handelsblatt nach: „Der latente Hunger auf Dürer und seine Instrumentalisierung zum „reichsdeutschen“ Künstler im Zuge der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 führten zu einem sammlungshistorischen Skandal. Er ging als „Dürer-Streit“ in die Annalen ein. […] Diese Scharte wurde 1877 von dem erst ein Jahr zuvor zum Leiter des Berliner Kupferstichkabinetts ernannten Juristen Friedrich Lippmann ausgewetzt. Ihm gelang auf Umwegen der Erwerb der Dürer-Sammlung Posonyi-Hulot. [...] Der Wiener Kunsthändler und Dürer-Kenner Alexander Posonyi hatte innerhalb weniger Jahre die nahezu komplette Druckgrafik des Meisters in frühen Abdrucken und daneben 48 Zeichnungen aus allen Schaffensphasen zusammengetragen. 1867 zwang ihn seine wirtschaftliche Lage, sich von dem Schatz in einer Auktion der Münchener Montmorillon’schen Kunsthandlung zu trennen. Doch vor der Versteigerung erwarb der französische Sammler Anatole Hulot das Konvolut und verkaufte es einem französischen Händler unter der Bedingung, es dürfe aus politischen Gründen nicht nach Deutschland veräußert werden. Lippmann ließ sie von einem französischen Händler mit Sitz in London ankaufen und erwarb sie von diesem für 125.000 Franc, einem 'geringen Preis' wie [Wilhelm von] Bode betont.“

Frankreich will durch ein neues Gesetz die Rückgabe von Nazi-Raubkunst erleichtern, meldet Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: „Da man bisher für jedes restituierte Objekt ein Spezialgesetz erlassen musste – was bis zu vier Jahren dauerte – wird das Rahmengesetz anstehende Restitutionen beschleunigen.“

Keine Werbung für seinen Berufsstand macht ein Kunsthändler, der bei der österreichischen Version von Bares für Rares den Besitzer eines Gemäldes anscheinend übervorteilt und sich im Nachgang zumindest ungeschickt verhalten hat, berichtet Olga Kronsteiner im Standard: „Prompt wechselte das Bild zu einem deutschen Privatsammler: für einen Nettozuschlag von 34.000 Euro (43.520 Euro inkl. Aufgeld) und damit einen Weltrekord für ein Werk des Künstlers, der überaus deutlich von der Schätzung des TV-Experten abwich. Wer sich über den Profit freuen durfte, war vorerst unklar. Auf STANDARD-Anfrage erklärte Markus Kral, er habe das Bild kurz nach der Aufzeichnung für 2000 Euro an einen Zwischenhändler abgetreten, der somit wohl an die 27.000 Euro verdient haben dürfte, wie er vorrechnete. Der Servus-TV-Händler musste es wissen, war er es doch selbst gewesen, der das Dorotheum keine drei Wochen nach der Aufzeichnung mit der Versteigerung beauftragt hatte, wie sich später herausstellte.“

Widersprüchliche Rechte und Pflichten bezüglich der Transparenz in unterschiedlichen Rechtsräumen scheinen den internationalen Kunsthandel zunehmend zu beeinträchtigen, legt ein Bericht über einen französisch-britischen Streitfall nahe, den Vincent Noce für das Art Newspaper nachzeichnet: "Einen Monat nach dem Verkauf bei Artcurial im November stellte der französische Staat eine Ausfuhrbescheinigung aus. Aber [Kunsthändler Patrick] Matthiesen sagt, dass er das Gemälde nicht nach Großbritannien überführen konnte, da er keine Informationen über die Herkunft des Gemäldes nach 1929 hatte. 'Nach dem AML-Verfahren (Anti-Geldwäsche-Verfahren) müssen wir wissen, wer der Verkäufer ist, und wenn es sich um einen Agenten handelt, müssen wir den Endbegünstigten herausfinden', sagt Matthiesen. 'In Amerika gelten ähnliche Regeln, und es ist unmöglich, das Gemälde in den USA zu verkaufen, ohne dass wir wissen, wo es sich fast ein Jahrhundert lang befunden hat. Leider war Artcurial nicht in der Lage, uns irgendwelche nützlichen Informationen zu geben.'"

Ein Sammler klagt vor dem Bundesgerichtshof auf Löschung eines Gemäldes aus der Lost Art-Datenbank, meldet Christiane Fricke im Handelsblatt: „Am 25. Mai verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, ob das Eigentum des Sammlers nun durch die behördliche Maßnahmen mit einem Makel behaftet werden – das Bild also unverkäuflich wird. Die attraktive Küstenlandschaft hatte einst der Galerist Max Stern gehandelt. Die Materie ist komplex, weshalb es noch nicht zu einer Entscheidung kam. Sollte der BGH am 21. Juli dem Sammler Recht geben, folgt daraus, dass die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste (DZK) als Betreiberin der Datenbank ihre Eintragungspraxis anpassen müsste. Eine Plausibilitätsprüfung würde für einen Eintrag nicht mehr ausreichen.“ Mehr Details zu dem Fall bietet eine dpa-Meldung : „Der Kläger möchte, dass sein Eigentum nicht weiter bemäkelt wird, weil Stern das Gemälde womöglich unter Verfolgungsdruck der Nazis verkauft hatte. Die Treuhänder hatten eine Suchmeldung für das Bild auf der Internetseite der Lost-Art-Datenbank veröffentlichen lassen. Dort ist es seit 29. Juni 2016 vermerkt. 'Verlustumstand gemeldet als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut', heißt es dazu.“

Zu der Frage, ob der Deal mit den Juwelendieben von Dresden richtig gewesen sei, lässt die ZEIT zwei gegensätzliche Positionen zu Wort kommen. Der ehemalige sächsiche Justizminister Geert Mackenroth findet: „Es gibt aus Sicht des Rechtsstaats nicht den perfekten Deal, den perfekten Kompromiss: Die Justiz muss sehen, dass sie pragmatische, vertretbare Lösungen findet. Außerdem sollte man nicht vergessen: Die zivilrechtlichen Verfahren folgen noch. Da wird eine dicke Schadensersatzforderung durch den Freistaat Sachsen auf die Täter zukommen [...] Die Frage, die man beantworten muss, lautet: Hat sich der Rechtsstaat zahnlos gezeigt? Meine Antwort ist: Nein, im Gegenteil, er hat sich bewährt.“ Der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel meint hingegen: „Wer eine Straftat begeht und dabei einen Schaden anrichtet, der ist doch grundsätzlich zum Ersatz verpflichtet. Ich halte es für abenteuerlich, es als Akt der Wohltat darzustellen, wenn Diebe sich von Diebesgut wieder trennen und es zurückgeben. Natürlich kann sich das strafmildernd auswirken. Aber dann bitte nur, wenn die Beute in Gänze – und unbeschädigt – zurückkommt! Und wer glaubt ernsthaft, dass jetzt in einem Zivilverfahren noch große Entschädigungszahlungen zu erwarten sind? Dass die Täter irgendwann willens oder in der Lage sein werden, eine so erkleckliche Summe aufzubringen?“

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung