Optionale Cookies erlauben?

Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutz­erklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.

Achtung, Scheichs!  Foto Stefan Kobel
Achtung, Scheichs! Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 24 2025

Bei der Arco Lisboa schienen sich die Gespräche vor allem um die Mehrwertsteuer zu drehen, so Christof Habres bei Parnass: „In einem „absolut zerstörerischen Manöver“ (Ilan Karpio, Sales Director der Galerie Pedro Cera) hat die portugiesische Regierung den Steuersatz von Kunstwerken auf 23 Prozent erhöht. Eine Volte, die es durchaus möglich erscheinen lässt, das zarte, aber in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsene Pflänzchen relevanter Kunstkäufe und nachhaltigen Aufbaus privater Sammlungen im Keim zu ersticken. Auf der anderen Seite genießen finanzkräftige Migranten und Unternehmen für zumindest zehn Jahre eine bevorzugte (Steuer-)Behandlung. Ein relativ großer Teil davon hätte die Möglichkeit durch Unternehmen und Zweitwohnsitze in Europa den Kunstkauf bei der Arco über günstigere Steuersätze in Deutschland oder Frankreich abzurechnen. Den meisten portugiesischen Sammler:innen fehlt offenkundig diese Möglichkeit. Daher sehen Galerien und Kunsthändler:innen berechtigterweise die aufkommende Gefahr, dass von dieser Seite heuer nicht viel in Kunstankäufe investiert werden kann.“

Welche Galerien zu den Frieze-Messen in London zurückkehren und welche ihnen fernbleiben, hat Kabir Jhala für das Art Newspaper recherchiert: „Zu den Galerien, die im letzten Jahr an der Frieze London teilgenommen haben, dieses Jahr jedoch nicht zurückkehren werden, gehören Tanja Wagner, Magician Space, Tanya Leighton, Project Native Informant, Sultana, 47 Canal, Lia Rumma, Croy Nielsen und Blindspot. Neu im Hauptbereich der Messe sind Carbon 12, Anat Ebgi und Simões de Assis. [...] Auf der anderen Seite des Parks findet zum ersten Mal die Frieze Masters unter der Leitung ihrer neuen Direktorin Emanuela Tarizzo statt, die Anfang des Jahres die Nachfolge von Nathan Clements-Gillespie angetreten hat. Die Messe für Kunst vor dem 21. Jahrhundert wird in diesem Jahr rund 120 Galerien begrüßen, darunter die Erstaussteller Champ Lacombe, Galerie Mueller, Joost van den Bergh, Luisa Strina und Vito Schnabel Gallery.“

Eine Kunstmarktlandkarte der Golfregion nach Ankunft der Art Basel versucht Daniel Cassady für Artnews zu zeichnen: „Der Vertrag zwischen Katar und Basel ist das jüngste Signal dafür, dass die Kunstszene im Nahen Osten eine neue Entwicklungsstufe erreicht hat – oder vielleicht auch dafür, dass die Machthaber bereit sind, sie dorthin zu bringen. Vorläufig bleibt die Frage offen: Welche Hauptstadt der Region wird neben Hongkong zu einem neuen Zentrum der Kunstwelt aufsteigen? Und gibt es genügend Sammler, um all diese neuen Infrastrukturen zu unterstützen?“

Ein neues hybrides Geschäftsmodell zweier Franzosen stellt Kabir Jhala im Art Newspaper (evtl. Paywall) vor: „Die in Paris ansässige NG, die eine traditionelle Beratung mit einem nomadischen Ausstellungsprogramm sowie Sammlungs- und Stiftungsmanagementdienstleistungen umfasst, wurde von Samy Ghiyati und Nicolas Nahab gegründet, die beide zuvor als leitende Direktoren großer kommerzieller Galerien tätig waren. Nahab war zuletzt Leiter der Pariser Galerie von Mendes Wood DM, die er 2022 mit aufbaute; zuvor war er bei Marian Goodman und Yvon Lambert tätig. Ghiyati war ab 2020 Direktor der Pariser Galerie von David Zwirner, nachdem er zuvor fünf Jahre lang bei Kamel Mennour tätig war.“

Mit den neuen EU-Regelungen für den Handel mit Antiken hadern die französischen Händler, berichtet Le Figaro mit Agenturmaterial: „Diese europäische Verordnung, die am 28. Juni in Kraft tritt, verpflichtet französische Kunsthändler, Dokumente über die Herkunft von Kunstwerken aus Nicht-EU-Ländern vorzulegen. Sie kritisieren dies als 'bürokratisches Monster'. Französische Kunsthändler protestieren gegen eine europäische Verordnung, die zur Bekämpfung des illegalen Handels die Herkunftsrecherche für aus Nicht-EU-Ländern importierte Kulturgüter vorschreibt. [...] 'Wir werden am Ende nichts mehr von außerhalb der Europäischen Union kaufen', befürchtet Antonia Eberwein, Vizepräsidentin des Nationalen Verbands der Antiquitätenhändler (SNA). 'Wir riskieren, den Markt für archäologische Stücke , aber auch für Ikonen, präkolumbische, indianische oder chinesische Kunst zu verarmen, ohne dem illegalen Handel ein Ende zu setzen, der naturgemäß unsichtbar und nicht deklariert ist.'“ Eine Paraphrase des Artikels in englischer Sprache bietet Karen K. Ho bei Artnews an. Vor allem aus britischer Perspektive blickt Margaret Carrigan für Artnet (evtl. Paywall) auf die anstehenden Verschärfungen: „Dennoch könnte diese neue Verordnung einen Trend zum Regionalismus beschleunigen, der im Kunsthandel bereits Wurzeln geschlagen hat. Durch die Einführung strengerer Einfuhrbestimmungen und aufwändiger Bürokratie werden Hindernisse für den freien Fluss von Kulturgütern geschaffen, die die Idee eines globalen Kunstmarktes untergraben. Nach Jahrzehnten der Globalisierung treten wir vielleicht in eine neue Ära ein - wenn nicht in eine bravouröse, so doch in eine bürokratische.“

„Hidden Champions“ zu finden und zu meist posthumen Ruhm zu verhelfen, ist der Traum vieler Galeristen und Kunsthändler – und verschafft nicht zuletzt Zugang zu den prestigeträchtigsten Messen, zu denen sie sonst nicht zugelassen würden. Für die New York Times hat Julia Halperin den „rediscovery industrial complex“ untersucht: „[Marcia] Marcus gehört zu einer wachsenden Gruppe von Künstlern, die von dem profitiert haben, was man als 'Wiederentdeckungsindustrie' bezeichnen könnte: eine Nischenbranche innerhalb des Kunstmarktes, die in der Vergangenheit nach Persönlichkeiten sucht – häufig Frauen und Künstler mit Migrationshintergrund –, die vom Establishment vernachlässigt wurden. Durch die Neuvermarktung für ein zeitgenössisches Publikum hoffen versierte Händler, den kunsthistorischen Kanon zu bereichern und gleichzeitig einen gesunden Gewinn zu erzielen.“

Seine Version von der Geschichte des Kunstmarkts und die Rolle von Artnet darin erzählt Gründer Hans Neuendorf im Interview mit Gesine Borcherdt für die WeLT: „Früher war ich oft in der New Yorker Bar Max’s Kansas City, dort saßen die Künstler zusammen mit den Galeristen. Worüber sprach man? Über die Entwicklung der Kunst. Alle waren interessiert, es wurde schwer gekämpft. Heute wird vor allem über Geld geredet. Das führt die Künstler aufs falsche Gleis. Wenn es bei der Karriere vor allem um Geld und Berühmtheit geht, dann ist das ein Fehleinsatz von Ressourcen.“ Über den Verkauf von und die Pläne für Artnet und Artsy habe ich für das Handelsblatt versucht, mit allen Beteiligten zu sprechen.

Die Kölner Versteigerungen, die in dieser Saison die Auktionswoche eröffneten, resümiert Christiane Fricke für das Handelsblatt: „Insgesamt setzte Lempertz laut Henrik Hanstein fast zehn Millionen Euro mit Moderne, zeitgenössischer Kunst und Fotografie um. Dabei spielte der Handel, der schon über die schlechten Verkäufe auf den Messen klagte, keine Rolle. Elf Millionen Euro kamen zwei Wochen zuvor mit Altmeistern, 19. Jahrhundert und Kunstgewerbe zusammen. Hier lag das Stillleben von Jan Davidsz. de Heem mit rund vier Millionen Euro inklusive Aufgeld an der Spitze. Van Ham erzielte mit der sogenannten Alten Kunst 5,7 Millionen Euro. Seine Stärke spielte das Haus dann wieder mit moderner und zeitgenössischer Kunst aus. Mit Bayer summierte sich das Ergebnis für zwei Evening Sales auf etwas mehr als elf Millionen Euro.“

Details zur Vereinbarung zwischen Bund und Hohenzollern erläutert der an den Verhandlungen beteiligte Berliner Anwalt Pascal Decker im Interview mit Marcus Woeller in der WeLT vom 4. Juni: „Erreicht wurde insbesondere die Klärung aller offenen Vermögensfragen. Alle streitigen Kulturobjekte, und dabei handelt es sich um zigtausende, sind in eine gemeinsam gegründete Stiftung eingebracht worden. Alles, was nicht in diese Stiftung gelangt ist, und sich im Besitz der öffentlichen Hand befindet, ohne dass es einen Leihvertrag gibt, ist Eigentum der öffentlichen Hand. Zugleich ist für die Objekte in der neu gegründeten Stiftung die öffentliche Zugänglichkeit dauerhaft gesichert und alle diesbezüglichen Rückgabeforderungen sind dauerhaft rechtlich geklärt. Zugleich musste der Bund akzeptieren, dass ein Teil der Sammlung im Besitz der Familie verbleibt. Das betrifft unter anderem sieben Tabatieren, von denen fünf an die Hohenzollern herausgegeben werden, und die Objekte der sogenannten C-Liste.“

Die wilde Raub- und Restitutionsgeschichte der Sammlung Schloss, aus der Christie's aktuell siben Werke versteigert, erzählt Christiane Fricke im Handelsblatt: “Mit der deutschen Besetzung Frankreichs ab Juni 1940 begann das Desaster: zunächst mit dem Versuch der Erben, die insbesondere in deutschen Museumskreisen bekannte Sammlung vor dem Zugriff zu bewahren. Sie gingen zügig vor. Als der Pariser Wohnsitz des Sammlers am 24. Juli 1940 durchsucht wurde, fand man nichts als leere Rahmen. Am 11. April 1943 kam es jedoch durch die mit französischen Kunsthändlern und Agenten bestens vernetzten Deutschen zur Beschlagnahmung. Die Sammlung, auf die auch Hermann Göring 1941 mehrfach ein Auge geworfen hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt jedoch außerhalb des Besatzungsgebiets. Deshalb musste mit dem Vichy-Regime verhandelt werden, das mit Deutschland kooperierte und dessen antisemitische Verfolgungsmaßnahmen umsetzte. Der Deal mit der Vichy-Regierung zerschlug die Sammlung in drei Teile“.

Den Prozessbeginn im Streit um 410 Millionen Dollar des Sammlers Ron Perelman gegen seine Kunstversicherer melden Chris Dolmetsch und Tom Maloney bei Bloomberg: “Perelmans Anwalt C. Bryan Wilson erklärte in seinem Eröffnungsplädoyer am Montag, dass die Policen es seinem Mandanten ermöglichten, den vollen Wert, den die Versicherer für die Werke zu zahlen bereit waren – ein Vielfaches ihres Marktwerts –, geltend zu machen, selbst wenn diese nur geringfügig beschädigt waren. Er sagte, die Versicherungsgesellschaften seien „mehr als glücklich“ gewesen, Perelmans Prämienzahlungen zu akzeptieren.“ Wie hoch die gezahlten Prämien wohl waren, dass sich Lloyd's, Chubb und andere auf eine derart riskante Wette eingelassen haben? Und wie viele solcher Leichen haben sie noch im Keller? Sollte Perelman mit seiner Forderung durchkommen, könnten weitere Trophäensammler in wirtschaftlich schweren Zeiten auf die Idee kommen Kasse zu machen.

Mit dem Abschied aus dem Stammsitz Luzern geht für die Galerie Urs Meile eine Ära zuende, ist dem Interview zu entnehmen, das Laura Ewert mit dem Galeristenpaar für Monopol geführt hat: „Wir geben die Schlüssel für unsere Galerie in Luzern ab. 1992 eröffnet, geht nun ein Kapitel zu Ende. Luzern ist unsere Heimat, aber Luzern ist eine Musikstadt mit weltberühmtem Konzertsaal und weniger Fokus auf zeitgenössischer Kunst. Für die Zukunft haben wir uns so aufgestellt: René Meile führt die Galerie in Peking und repräsentiert uns in Asien. Urs ist als Gründer immer noch involviert, aber nicht mehr stark im Tagesgeschäft. Und ich führe die Galerien im Westen.“

Die Schließung des von der Stiftung des ehemaligen Galeristen Heiner Friedrich betriebenen Museums Das Maximum im bayerischen Traunreut beklagt Hannes Hintermeier in der FAZ, ohne den Beruf des Stifters zu erwähnen.

Die Schließung der Münchener Galerie Klüser zum 80. Geburtstag ihres Gründers nutzt Brita Sachs in der FAZ für eine Würdigung: „Klüser wird sich auch in Zukunft nicht langweilen. Noch vorhandene Bestände sollen Kunden und Unterkunft finden, dafür werden Räume und Mitarbeiter vorerst weiterhin benötigt. Außerdem gibt es noch die private Sammlung von Meisterzeichnungen, die Verena und Bernd Klüser intensiv beschäftigt.“

Dem im Alter von 92 Jahren gestorbenen Galeristen Daniel Lelong widmet Karen K. Ho bei Artnews einen ausführlichen Nachruf.