Kobels Kunstwoche 44 2025
Als Frischzellenkur für die französische Hauptstadt nimmt Bettina Wohlfarth die Art Basel Paris in der FAZ wahr: „Als wäre Paris aus einem Dornröschenschlaf erwacht, gibt sich die französische Kapitale seit einigen Jahren wieder strahlend elegant, knüpft an ihre große Vergangenheit an und kann zumindest in Sachen Kunst der politischen Dauerkrise oder dem jüngsten Debakel im Louvre etwas Erfreuliches entgegensetzen. Die vierte Ausgabe der Art Basel Paris, die zum zweiten Mal im Grand Palais stattfindet, zeigt, wie eng die Messe inzwischen mit der Stadt und deren Institutionen verbunden ist. Das frei zugängliche Zusatzprogramm mit Skulpturen, Installationen und Interventionen bespielt Museen und Plätze.“
Die Art Basel Paris drohe nicht nur die Frieze London zu überflügeln, sondern sogar die Muttermesse selbst, vermutet Alexandra Wach im Tagesspiegel (Paywall): „Laut Galerist Thaddaeus Ropac waren alle großen amerikanischen Sammler da. Das könnte daran liegen, dass sich die Pariser Ausgabe der Art Basel direkt an die Frieze in London anschließt und längst zur internationalsten Messe weltweit entwickelt hat. Denn Miami, Basel und Hongkong haben einen zunehmend stärkeren regionalen Fokus. Sollte diese Entwicklung weitergehen, dürfte sich die Muttermesse selbst kannibalisieren. Das könnte dazu führen, dass die Galerien ihre besten Werke nicht mehr für die Schweiz aufheben.“
Die Vor-Voreröffnung der Art Basel Paris bereits am Dienstag scheint nicht nur Vorteile gehabt zu haben, berichten Devorah Lauter und Sarah Douglas bei Artnews: „Die Avant-Première-Veranstaltung verlief nicht ganz reibungslos. [Mirko] Mayer sagte, dass die Entscheidung, wem man eine der sechs Einladungen geben sollte, die jeder Galerie zugeteilt wurden, 'schwierig' war und einige ihrer Kunden 'ein wenig verärgert' waren, wenn sie keine erhielten. Einige aufstrebende und mittelgroße Galerien in den weniger frequentierten Gängen im ersten Stock sagten gegenüber ARTnews, dass die Veranstaltung für sie kein Segen war: Selbst die Kunden, die Einladungen von diesen Händlern erhalten hatten, schafften es nicht immer nach oben. 'Es war mucksmäuschenstill', sagte ein amerikanischer Händler, der anonym bleiben wollte. Das Ergebnis war ihrer Meinung nach ein verlorener Tag in Paris.“
Noch während der Laufzeit der Messe hat die Art Basel den Nachfolger des scheidenden ABP-Direktors Clément Delépine bekanntgegeben. Mit Karim Crippa ist es ein Veteran der Messegesellschaft; er leitete zuvor die Kommunikationsabteilung der Art Basel.
Als Neuigkeit stillschweigender Rabatte verkauft Daniel Cassady bei Artnews die Staffelpreise der Art Basel Paris: „Laut mehreren Erst- und Zweitausstellern auf der Art Basel Paris bietet die Messe neuen Teilnehmern Rabatte auf die Standgebühren – 20 Prozent für 'Neulinge' und 10 Prozent für 'Zweitaussteller'. Die Galerien wurden kurz nach dem Labor Day per E-Mail darüber informiert. Mehrere Händler bestätigten den Erhalt der E-Mail, und obwohl unklar ist, wann genau diese Regelung in Kraft getreten ist, sagte ein New Yorker Galerist, dass sie seit der Art Basel Miami Beach 2021 gilt. Vincenzo de Bellis, Chief Artistic Officer und Global Director der Messe, bestätigte, dass es ein solches Programm gibt.“ Dabei sind die Staffelpreise mit Rabatten für Neuaussteller kein Geheimnis. Für den WELTKUNST Insider (60 Tage gratis) vom 20. August 2024 habe ich eine detaillierte Tabelle mit den Preisen von 21 Kunstmessen erstellt, die mir immer noch vorliegt.
Die Krise des traditionellen Modells Kunstmesse sei nirgendwo deutlicher zu sehen gewesen als dieses Jahr in Paris, glaubt Elisa Carollo vom Observer: „Da die Betriebskosten steigen und die Kunstwelt wächst, ohne dass die Nachfrage entsprechend zunimmt, finden sich viele Händler – insbesondere jüngere, die versuchen, in ein bereits gesättigtes System einzusteigen – nun in einer Branche wieder, die ihre eigenen Kapazitäten überholt hat: zu groß, zu kostspielig und zu sehr von einem Messemodell abhängig, das ihnen nicht mehr dient. Als Reaktion darauf ist eine neue Generation von Händler-geführten Kunstmessen entstanden – kleinere, kollaborative und selbstorganisierte Alternativen zum institutionellen Kreislauf. Angesichts der Vielzahl dieser Galerie-geführten Initiativen, die sich in diesem Jahr in Paris vermehren, drängt sich der Vergleich mit dem Salon des Refusés geradezu auf.“ Der Vergleich trifft, aber vielleicht anders, als von der Autorin beabsichtigt. Denn ohne den Salon kein Salon der Refüsierten. Irgendjemand muss die ganze Infrastruktur liefern, also die Anziehungskraft, die Kuratoren, Sammler und Journalisten überhaupt erst in die Stadt holt.
Ich war für das Handelsblatt und Artmagazine in Paris.
Über eine neue Satellitenmesse zur Art Cologne berichte für Artmagazine.
Frauen sind die besseren oder zumindest spendierfreudigeren Sammler, lässt sich Ursula Scheers Bericht über den Art Basel and UBS Survey of Global Collecting 2025 in der FAZ entnehmen: „Der von wirtschaftlichen Unsicherheiten und geopolitischen Krisen heftig angeschlagene Kunsthandel kann seine Hoffnungen vor allem auf eine Gruppe setzen: kaufkräftige Kunstsammlerinnen, die etwa die Hälfte der von Clare McAndrews Team befragten Personen stellen. Im Jahr 2024 lagen dem 'Art Basel and UBS Survey of Global Collecting' zufolge die Ausgaben dieser Frauen für Kunst und Antiquitäten um 46 Prozent über denen der Männer. Führend sind Sammlerinnen in China.“ Auch nicht so gute Nachrichten hält die Untersuchung nach der Lektüre Daniel Cassadys von Artnews für Galerien bereit: „Diese Fluidität zeigt sich darin, wie Kunst den Besitzer wechselt. In den Jahren 2024–25 kauften 63 Prozent der Sammler direkt von Künstlern, gegenüber 27 Prozent zwei Jahre zuvor und 43 Prozent im Jahr 2022. Fast die Hälfte aller vermögenden Käufer nutzte dafür soziale Medien: 43 Prozent kauften in Ateliers, 37 Prozent gaben Werke in Auftrag und 35 Prozent kauften über Instagram-Links. Die alte Hierarchie – zuerst der Händler, dann der Künstler – bröckelt. Sicher, Galerien bleiben insgesamt der vertrauenswürdigste Kanal, aber die Umfrage ergab, dass der zweitbeliebteste Weg für Sammler nun der Direktkauf ist, eine Kategorie, die sich in nur einem Jahr mehr als verdoppelt hat.“ Ich habe den Report für das Handelsblatt gelesen.
Nach dem Einbruch im Louvre stellt sich heraus, dass die gestohlenen Juwelen wie alles andere auch nicht versichert waren, berichtet George Nelson bei Artnews: „Diese Enthüllung ist für das Museum besonders schmerzhaft, da der Wert der Juwelen laut Angaben eines Pariser Staatsanwalts vom Dienstag bei 102 Millionen Dollar lag. Zuvor hatten die französischen Behörden behauptet, sie seien von 'unschätzbarem' Wert. [...] Nach Angaben des französischen Kulturministeriums würde das Land keine Entschädigung für Verluste im Zusammenhang mit den gestohlenen Gegenständen erhalten, wenn diese nicht von der Polizei wiedergefunden werden. Die Ermittlungen der Beamten dauern an, doch bislang gibt es kaum Hinweise. Ein Sprecher des Kulturministeriums erklärte in einer Stellungnahme, über die zuerst die französische Zeitung Le Parisien berichtete: 'Der Staat fungiert als sein eigener Versicherer, wenn Werke nationaler Museen an ihrem üblichen Aufbewahrungsort sind.'“ Hier zeigt sich wieder einmal der Nachteil der Staatshaftung, wenn es um staatliche Eigenware geht. Spätestens seit dem Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden weiß man darum. Andererseits, wer hätte ein Risiko wie den Louvre auch versichern sollen oder können?
Die Londoner Auktionen resümiert Stephanie Dieckvoss im Handelsblatt: „Vorerst jedoch wendet sich das Interesse den Auktionsangeboten in Paris zu, die parallel zur Pariser Art Basel noch größere Bedeutung gewinnen. London kann aber erst einmal aufatmen. Die Herbstsaison war keine Katastrophe. Man sieht aber, dass die verschiedenen Häuser immer unterschiedlichere Wege gehen. Solange die angebotene Kunst ausgezeichnete Qualität mit Rarität vereint, ist der Absatz nahezu garantiert. Dass auch Privatsammlungen gut ankommen, zeigen die Ergebnisse von Karpidas bei Sotheby’s sowie Faarup und Hegewisch bei Christie’s.“ Für die FAZ fasst Anne Reimers das Geschehen zusammen.
Die Pleiten der Münchener Kunsthändler Thomas und Röbbig konfrontierten den Kunsmarfkt mit einigen unangenehmen Wahrheiten der Branche, glaubt Annegret Erhardt in der WeLT (Paywall): „An den Beispielen der Galerie Thomas und der Kunsthandlung Röbbig lässt sich ein Psychogramm des Kunsthandels erstellen, seiner mehr oder weniger spezifischen Gesetzmäßigkeiten, seiner Verknüpfung von hoch angesiedelter Kennerschaft und gut ausgeprägter Affinität zum Kommerz. Dazu gehört wohl auch: ein fataler Hang zur ignoranten Beschönigung absehbarer Katastrophen. […] Freilich gab es unangenehme, nennen wir es mal: hinlänglich bekannte Eigenheiten. Bei der Galerie Thomas etwa die extrem zögerliche Abrechnung längst schon verkaufter Werke mit Künstlern und Kollegen; bei der Kunsthandlung Röbbig etwa die ausstehende, sich alsbald beträchtlich aufsummierende Begleichung von Messekosten. Doch das Renommee beider Unternehmen, auch dank ihrer geradezu spektakulären Messeauftritte, besänftigte immer wieder die Gemüter, machte sie wider besseres Wissen duldsam.“
Die Schließung der Züricher Galerie Francesca Pia meldet George Nelson bei Artnews. In der Pressemitteilung (PDF) zur aktuellen Ausstellung heißt es schlicht: „Galerie Francesca Pia freut sich, die sechste Einzelausstellung mit Wade Guyton anzukündigen. Sie wird zugleich die letzte Ausstellung in den Galerieräumen in Zürich sein.“ Es ist der einzige Standort der Galerie – unica sede, wie man in Italien sagt.