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Kobels Kunstwoche

Vytautas Narušis, Monument to Putin; image frei via creativesforukraine.com
Vytautas Narušis, Monument to Putin; image frei via creativesforukraine.com
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 26 2023

Eine Reihe von Forderungen stellt Christoph Heim im Tagesanzeiger an die Art Basel. Einiges klingt etwas realitätsfremd, Anderes scheint durchaus berechtigt und sollte den Schweizern zu denken geben: „Eine Kernfrage dieses 'going public' sind die Ticketpreise. Um sich stärker in Basel zu verwurzeln, sollte sich die Art Basel, die auf allen Kontinenten zu Hause ist, in Basel nach den ersten Preview-Tagen von einer Fachmesse zu einer Publikumsmesse nicht nur für Sammler, sondern für alle verwandeln. […] Bemühen wir zum Vergleich die Kunstbiennale in Venedig, die Tagestickets für Einheimische für 20.50 Euro anbietet [...] Zu diesem Preis wird man in Venedig mit einer kuratierten Auswahl neuester Kunst verwöhnt, wo die Art Basel dreimal mehr verlangt und mit ihrem chaotischen Kunstangebot nur der Verkaufslogik der Galeristen folgt. Der andere Grund, der für eine kräftige Reduktion der Eintrittspreise spricht, ist die staatliche Finanzierung der Messe, deren Aktienkapital zu fast 40 Prozent aus Basler Steuergeldern besteht. Die Stadt kann doch nicht 2020 und 2022 insgesamt 58 Millionen in ein Unternehmen stecken, das die Mehrheit der Bevölkerung durch ihre Preispolitik von ihrem Angebot systematisch ausschliesst. Inklusion eines diversen Publikums, wie es der Staat seinen subventionierten Museen und Theatern ins Pflichtenheft schreibt, das muss auch für die Art Basel gelten.“ Allerdings bietet das Theater Basel regelmäßig auch nur Menschen bis 30 Jahre vergünstigte Karten zu 10 Franken, der reguläre Eintrittspreis liegt je nach Veranstaltung bei 30 bis 65 Franken. Zudem erhält das Theater regelmäßig öffentliche Gelder für den Betrieb, die Messegesellschaft nur ausnahmsweise, um die Fehler des Managements aufzufangen.

London scheint auch ohne Schweizer zu funktionieren, beobachtet Vivienne Chow beim Besuch der Treasure House Fair für Artnet: „Die Messe bringt 55 Aussteller zusammen, die eine große Auswahl an Kunst, Antiquitäten und anderen Sammlerstücken auf dem Südgelände des Royal Hospital Chelsea in London präsentieren. Mit einer guten Besucherzahl und einigen frühen Verkaufsabschlüssen am Eröffnungstag am Donnerstag schien die Messe einen guten Start hinzulegen. Noch wichtiger für die Messeorganisatoren und die Aussteller ist jedoch die Tatsache, dass Treasure House den Schwung des Kunstsammelns in der britischen Hauptstadt aufrechterhalten kann, nachdem der Schweizer Messeveranstalter MCH Group die Masterpiece London Anfang des Jahres abrupt abgesagt hat.“ Für das Handelsblatt hat Stephanie Dieckvoss die Messe besucht: „Die Aussteller kommen vorwiegend aus England. Viele davon sind Besuchern von Messen wie der Tefaf oder der Frieze Masters bekannt. Ihre Zahl ist klein, weil die Messe so spät zusammengestellt wurde. Das sieht man ihr jedoch nicht an. Obwohl es genügend Londoner Händler mit moderner englischer Kunst gibt, besticht das Messebild durch elegant eingerichtete Interieurs mit Kunst und Möbeln. Damit wollen die Händler das Zusammenleben von Alt und Neu schmackhaft machen.“

Verschiedene Anbieter von Fractional Ownership als neues populäres Investmentmodell stellt Abby Schultz bei Barron's vor: „Fractional Art Ownership ist relativ neu und es gibt noch keine große Auswahl an Angeboten. Deshalb sollten sich Interessierte bewusst sein, dass sie sich auf ihre eigenen Recherchen verlassen müssen, um sich von der Seriosität der Plattform, die sie in Betracht ziehen, zu überzeugen. Es fallen auch zusätzliche Kosten an. Masterworks schlägt vor dem Verkauf an Investoren etwa 10 % auf den Kaufpreis eines Werks auf.
Investoren, um die Kosten für den Kauf und das Halten des Gemäldes zu decken, sagt Lynn. Außerdem werden eine jährliche Verwaltungsgebühr von 1,5 % und 20 % der künftigen Gewinne berechnet. Mintus erhebt eine Provision von 14 % auf die Kosten für den Erwerb eines Kunstwerks, aber Ozmen sagt, dass es bis zu 5 % dieser Kosten an die Investoren zurückgibt, wenn das Werk innerhalb von vier Jahren verkauft wird. Mintus erhebt eine Erfolgsgebühr von 20 % des Gewinns, wenn ein Werk verkauft wird, aber keine jährliche Gebühr.“ Aufgehängt ist der Artikel am Beispiel eines Investors, der von einem (!) erfolgreichen Exit berichtet. Die Ähnlichkeit des Modells zum altbekannten Kunstfonds wird zwar erwähnt, nicht jedoch, dass bisher fast alle dieser Vehikel wegen erwiesener Erfolglosigkeit aufgelöst wurden.

Die EU habe den Weg freigemacht für die Senkung der Mehrwertsteuer auf Kunst, jetzt sei der deutsche Gesetzgeber gefragt, fordern Birgit-Maria sturm und Silvia Zönrer vom BVDG in der WELTKUNST (Paywall): „Es liegt jetzt an den nationalen Gesetzgebern, die Steuerermäßigung für den Kunsthandel in ihren Ländern wieder einzuführen. In Deutschland ist dafür ein Zusammenwirken von Finanz- und Kulturpolitik vonnöten. Die Ampelregierung kann nun beweisen, dass sie es mit der 'Stärkung der Kulturwirtschaft' und der 'Unterstützung freier Kulturorte wie Galerien' – so steht es in ihrem Koalitionsvertrag – ernst meint. Es eilt! Die Frist zur Umsetzung ist der 1. Januar 2024. […] By the way gilt es, Ressentiments gegen den Kunstmarkt auszuräumen, die mutmaßlich Ursache der alten, fatalen Steuer-Richtlinie gewesen sind. […] Kunst ist Kulturgut – ganz gleich, ob sie von Urhebern oder Kunsthändlern veräußert wird. Die ermäßigte Mehrwertsteuer wurde sogar für digitale Medien eingeführt und der berühmte Berliner Berghain hat sie für seinen Ticketverkauf erstritten. Sollten digitale Massenmedien und Clubbesuche etwa 'mehr Kultur' sein als originäre Kunstwerke?“

Im Budgetrahmen sei die documenta 15 geblieben, meldet dpa. Allerdings war der Kostenrahmen mit 42,2 Millionen Euro auch ungefähr um den Betrag höher, den die vorherige Ausgabe mit einem genehmigten Budget von 34 Millionen an Defizit (7,6 Mio.) eingefahren hatte.

Kann ein Privatmuseum in einer Diktatur ein politisches Signal setzen? Ja, glaubt Ingo Arend nach dem Besuch des Istanbul Modern für Monopol: „Es hieße die Bedeutung eines privaten Kunstmuseums zu überschätzen, erklärte man es jetzt zum politischen Bedeutungsträger. Das Istanbul Modern war und ist ein großbürgerliches Elitenprojekt. Dennoch geht von seiner Neueröffnung ein unübersehbares Signal aus. Einerseits kompensieren Häuser wie das Istanbul Modern oder auch das Kunstmuseum Arter der Industriellenfamilie Koç im Stadtteil Dolapdere die fehlende staatliche Kunstpolitik. Das türkische Kulturministerium kümmert sich seit jeher um nicht viel mehr als um den Tourismus und die Pflege der historischen Ausgrabungsstätten in Kleinasien. Ohne die Sammelleidenschaft von Bülent und Oya Eczacıbaşı wären viele Inkunabeln der modernen Kunst des Landes womöglich längst in alle Winde zerstreut. Ihr Mäzenatentum folgt Prestige- und Distinktionsbedürfnissen, hilft aber auch das kulturelle Erbe des Landes zu sichern. Die türkische Kunstszene steht dieser Art Mäzenatentum zwar auch kritisch gegenüber. Das Gefühl in Sachen Kunst mangels kommunaler oder staatlicher Alternativen auf das Wohlwollen von Oligarchen angewiesen zu sein, deren Wirtschaftsgebaren ihrer kulturellen Großherzigkeit oft widersprechen, ist ihr unangenehm.“

Die Malerin Flora Yukhnovich (33) werde jetzt von Hauser & Wirth vertreten, meldet Tessa Solomon bei Artnews. Wir freuen uns auf Yukhnovich-Handtaschen, Yukhnovich-Kleider und Yukhnovich-Tagesdecken aus dem Hauser & Wirth-Shop in Somerset.

Die KUNSTZEITUNG wird eingestellt. „Nach 27 Jahren stellen Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid, Verleger und Herausgeber der KUNSTZEITUNG, das Erscheinen der gratis verteilten Publikation ein – notgedrungen“, heißt es auf der Webseite. „Die Ausgabe 306 der KUNSTZEITUNG (die vom 5. Juli 2023 an in die Distribution kommt) soll die letzte sein.“ Ganz ohne Lamento geht es scheinbar nicht: „Die Herausgeber der KUNSTZEITUNG hatten zuvor wiederholt und vergeblich auf die angespannte Lage und ausbleibende oder unzureichende Unterstützung durch Anzeigenkunden hingewiesen.“ Weiter heißt es: „Obgleich Lindinger + Schmid auf allen Ebenen, ob Bund oder Land, ob Wirtschafts- oder Kulturressorts, deutliche Signale gab und Hilferufe verbreitete, mochte die Politik keine Förderung gewähren. So wurde die KUNSTZEITUNG mit keinem Cent aus dem 'Neustart'-Etat der Kulturstaatsministerin (BKM) unterstützt“. Und noch weiter: „Ihr Verständnis von journalistischer Arbeit, geprägt durch die Haltung, dass die Presse als Korrektiv zu fungieren habe, ließ es nicht zu, dem zuletzt massiv zunehmenden Druck nachzugeben. 'Lieber aufhören, als sich verbiegen', so Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid unisono.“ Den alle zwei Wochen erscheinenden Newsletter Informationsdienst Kunst soll es jedoch weiterhin für 296 Euro im Jahresabo geben.

Zum Schluss noch ein bisschen Klatsch: Artnets Dampfplauderer Kenny Schachter und der belgische Kunstsammler Alain Servais scheinen sich nicht besonders zu mögen, legen Schachters untergriffige Kommentare in seiner Art Basel-Nachlese nahe: „Die Aufgeblasenheit dieses Ascot-tragenden Heißluftsacks (er wird sicher in seinem Testament festlegen, dass er in einem Halstuch beerdigt wird) zeigte sich auch in seinem unsinnigen Kommentar zu den sperrigen Installationen im Unlimited-Bereich der Messe, darunter ein riesiger Matratzenladen von Guillaume Bijl: 'Es ist nie die Schuld der Messe, es ist die Schuld der Käufer', sagte er. 'Die Galerien bringen das mit, was sie glauben, verkaufen zu können.' In Wirklichkeit gab es in der Sektion Unlimited so gut wie nichts, was sich verkaufen ließ, abgesehen von einem blöden, computergenerierten Glaskreuz von Gerhard Richter, das mit Bonbonstreifen versehen war.“ Aus solchen Schlammschlachten hält man sich besser raus, aber die Anmerkung sei gestattet, es dürfte auch den dortigen Ausstellern neu sein, dass auf der Art Unlimited nicht verkauft wird.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung