Kobels
Kunstwoche
Kommentierte Presseschau zum
Kunstmarkt
von Stefan Kobel. Jede Woche neu.

Kommentierte Presseschau zum Kunstmarkt von Stefan Kobel. Jede Woche neu. Newsletter abonnieren
Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Kommentierte Presseschau zum
Kunstmarkt
von Stefan Kobel. Jede Woche neu.
Kommentierte Presseschau zum Kunstmarkt von Stefan Kobel. Jede Woche neu. Newsletter abonnieren
Das Messe-Duo Frieze London und Frieze Masters besinnt sich mit neuen Formaten auf alte Stärken, beobachtet Gina Thomas für die FAZ: „White Cube, Gagosian, Thaddaeus Ropac oder Hauser & Wirth mögen mit den Stars, die sie vertreten, die höchsten Umsätze machen. Die Frieze London ist aber auch darauf bedacht, im 'Focus' überschriebenen Bereich kleinere, teilweise subventionierte Galerien mit experimenteller Kunst zu fördern. Das soll die „Britart“-Dynamik aufrechterhalten, der die Messe ihre Entstehung vor 23 Jahren verdankt. […] Berichten, wonach der Londoner Kunstmarkt am Ende sei, sollte man nicht trauen.“ Die Verkaufsmeldungen vor allem der großen Galerien fasst George Nelson für Artnews zusammen.
Auf der Frieze Masters hat Vivienne Chow für Artnet (evtl. Paywall) einen Trend ausgemacht: „Eine neue Generation junger Händler und Sammler haucht alter Kunst neues Leben ein und trotzt damit Markttrends und den Erwartungen ihrer Generation. Vor dem Hintergrund eines sich abkühlenden Marktes für zeitgenössische Kunst finden Werke aus der Vorkriegszeit und historische Werke ein begeistertes neues Publikum. Viele von ihnen sind unter 40, dank erschwinglicher Preise, innovativer Präsentationen und Crossover-Programmen, die historische Objekte neben modernen stellen.“
Gerade für junge Galerien sei eine Teilnahme an der Frieze London eine Herausforderung, hat Kate Brown für Artnet (evtl. Paywall) erfahren: „Fünf Händler gaben an, dass die Subventionen in diesem Jahr geringer ausgefallen seien. Frieze erklärte, dass es die Preise für Focus von 313 £ (419 $) pro Quadratmeter im Jahr 2024 auf 276 £ (370 $) in diesem Jahr gesenkt habe, doch ein Händler berichtete etwas anderes. Laut einer E-Mail, die ich gesehen habe, sind die Preise tatsächlich gestiegen, und zwar von 276 £ pro Quadratmeter auf 310 £ pro Quadratmeter. (Frieze reagierte nicht sofort auf eine Anfrage nach einer Stellungnahme.) Unabhängig davon mussten die Galerien aufgrund der geringeren Subventionen mehr bezahlen – in einigen Fällen etwa 2.000 £ (2.677 $) mehr. 'Das ist eine Menge Geld für eine aufstrebende Galerie', sagte ein anderer Händler, der verständlicherweise um Anonymität bat. Der Transport nach Großbritannien sei seit dem Brexit teurer geworden, sagte diese Person, 'und manchmal hat man immer noch das Gefühl, dass man die Unterhaltung für die Lieblinge des Sekundärmarktes ist.' Ein junger Händler, der letztes Jahr bei Focus dabei war, sagte, dass die Sammler nun den neuen Grundriss 'durchschaut' hätten und dass viele diesmal direkt zu den Veteranen im hinteren Bereich gegangen seien. Dieser Händler war mit den heutigen Ergebnissen weniger zufrieden als am ersten Tag des Jahres 2024.“
Etwas genauer nachgefragt hat auch George Nelson von Artnews: „Einige, die nicht namentlich genannt werden wollten, gaben an, dass sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, und mindestens drei sagten, dass sie überhaupt nichts verkauft hätten. Der Druck ist groß, insbesondere wenn man bedenkt, dass der kleinste Stand in diesem Bereich (260 Quadratfuß) 6.750 £ (9.000 $) kostet, wie ein Händler gegenüber ARTnews erklärte. Es ist jedoch nicht alles nur düster. Mehrere der 35 Focus-Galerien vermeldeten bis zum Ende des Mittwochs starke Umsätze. [...] 'Die Nicht-britischen Händler hier im Focus-Bereich, zumindest diejenigen, mit denen ich gesprochen habe, haben das Gefühl, dass es sich um einen sehr lokalen Markt handelt, obwohl die Einheimischen versuchen, das Gegenteil zu vermitteln', sagte Diego Diez, der Direktor der Galerie, gegenüber ARTnews. Interpretieren Sie das, wie Sie wollen.“
Auf dem Weg in die Unterhaltungsindustrie sieht Stephanie Dieckvoss den Frieze-Konzern im Handelsblatt: „Man geht eben auf Nummer sicher – die Organisatoren wollen die Messe füllen. Der neue Eigentümer, der Amerikaner Ari Emanuel, hat die Frieze-Marke (mit sieben Messen, einer Kunstzeitung und zwei Ausstellungsorten) aus der Firma Endeavor ausgegliedert und mit einer Anzahl von Tennisturnieren als 'Live Events' zusammengeführt. Die Amerikanisierung macht sich dieses Jahr nicht nur bei den Ausstellern bemerkbar, wo amerikanische Galerien immer präsenter wirken, sondern auch bei der Vermarktung der Messe als Unterhaltung. Da werden Gäste schon vor der VIP-Eröffnung hereingelassen. Bei der Masters lädt die Firma De Beers zu einer immersiven Einführung in die 'mythologischen Ursprünge der Diamanten' ein. Und Karten für den Besuch der Messe am Freitag, zwei Tage nach der VIP-Eröffnung, kosten im Kombiticket 130 Pfund. Ohne Tour.“ Einen kleinen, für die Betroffenen jedoch wesentlichen, Unterschied gibt es zwischen den Veranstaltungen in Emanuels Portfolio: Während beim Tennis die Spieler zum Teil hohe Vergütungen für ihre Auftritte erhalten, müssen bei Kunstmessen die Protagonisten bezahlen. Sie sind gerade dabei, vom Kunden zur Ware zu mutieren und trotzdem zur Kasse gebeten zu werden.
Das Reich des Frieze-Erwerbers Ari Emanuel wird derweil immer größer. Eine Vorstellung von Dimension und Ausrichtung des Konzerns vermittelt ein Bericht von Alex Werpin für den Hollywood Reporter: „Ari Emanuel hat offiziell seine neue Holdinggesellschaft gegründet, die viele der Vermögenswerte beherbergen wird, die zuvor Teil der Endeavor Group Holdings waren. Das neue Unternehmen heißt MARI und wird eine Reihe bedeutender Tennisturniere beherbergen, darunter die Miami Open presented by Itaú und die Mutua Madrid Open sowie die Mubadala Abu Dhabi Open, die Mubadala Citi DC Open, die SP Open und eine Reihe weiterer Tennis-Ausstellungsturniere. Dazu gehören auch Frieze, die Kunstmesse, deren Kauf Emanuel Anfang des Jahres vereinbart hatte, sowie eine Mehrheitsbeteiligung an Barrett-Jackson, dem Automobilauktionshaus und Lifestyle-Marke. Die Transaktionen wurden am Mittwoch in Verbindung mit der Gründung von MARI abgeschlossen.“
Eine überraschende Personalie bringt Susanne Schreiber von der Kunst- und Antiquitätenmesse Highlights aus München für das Handelsblatt mit: „Erstaussteller ist Henri Neuendorf, einer der Söhne des Artnet-Gründers Hans Neuendorf. Er arbeitet in New York als Kunstvermittler, derzeit ohne Galerieräume, wer wollte sich in diesen Zeiten solche Fixkosten aufladen. Weil die Messen nicht mehr zwingend ein Ladengeschäft und eine bestimmte Anzahl von Ausstellungen vorschreiben, nimmt der 36-Jährige ab jetzt an Messen in Europa teil.“ Einen Hauch Baby Schimmerlos bringt Eva Karcher von der Messe aus München für den Tagesspiegel nach Berlin mit: „Die illustre, oft adelige Münchner Gesellschaft, die bei der Preview durch die Gänge des Messezelts schlenderte, genoss den hochkarätigen Mix aus Möbeln, Porzellan, Schmuck, Silber, Teppichen, Gemälden, Skulpturen und Fotografien von der Gotik bis zur Gegenwart.“ Auch Brita Sachs flicht der Veranstaltung in der FAZ einen Kranz: „Man kann kaum genug loben, wie konsequent die Munich Highlights das Zusammenspiel alter und moderner Kunst pflegen. Seitdem die Messe 2010 erstmals ihr Zelt im Hof der Münchner Residenz aufschlug, erfreut sich das Publikum an der Spannbreite von der Gotik bis zur Gegenwart, die es mittlerweile bei den meisten anderen Veranstaltungen missen muss.“
Erleichterung macht sich breit nach den Abendauktionen in London, und Elisa Carollo jubelt im Observer: „Den Auftakt machte die Londoner Abendauktion von Christie's für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts am 15. Oktober, die mit 106.925.400 £ (142.852.000 $) ein robustes Ergebnis erzielte und damit die beste Abendauktion des Auktionshauses während der Frieze Week seit mehr als sieben Jahren darstellte. Der Gesamtumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent, wobei 92 Prozent der Lose und 90 Prozent des Wertes verkauft wurden. [...] Angeführt von einem 17,6 Millionen Pfund teuren Francis Bacon schloss die Contemporary Evening Auction von Sotheby's mit 63,5 Millionen Dollar. Der Gesamtumsatz lag zwar weniger als halb so hoch wie der von Christie's am Vorabend, doch muss man dabei den Kontext berücksichtigen: Dies war die dritte große Abendauktion von Sotheby's in London seit März, während es für Christie's die erste in dieser Saison war.“
Den Verkauf des Auktionskonzerns Bonhams durch die Private Equity-Firma Epiris an den Kreditmanager Pemberton Asset Management melden George Nelson bei Artnews und etwas ausführlicher Artlyst.
Warum der chinesische Auktionsmarkt immer noch so unzuverlässige Zahlen liefert, untersucht Roula Khalaf für die Financial Times: „Auktionsexperten und Teilnehmer der Auktionsbranche sind ratlos, warum die Zahl der unbezahlten Werke so hoch bleibt und warum Auktionshäuser in China weiterhin mit Kunden Geschäfte machen, die ihre Zahlungen nicht leisten. Keines der großen chinesischen Auktionshäuser, die von der Financial Times zu diesem Thema befragt wurden, wollte sich zu dieser Frage äußern. Wong, der ehemalige Vorsitzende von Sotheby's, vermutet, dass für einige in der Branche die Registrierung einiger gefälschter Verkäufe dazu beitragen kann, einen Hype um einen Künstler zu erzeugen. Andere sagen, dass es aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen in China schwierig und zeitaufwändig ist, Käufer zu verklagen, die nicht zahlen. Chinas kleinere Auktionshäuser zögern unterdessen, zu offenbaren, wenn ein Verkauf scheitert, aus Angst, die allgemeine Marktstimmung zu beeinträchtigen. In anderen Fällen vereinbaren Auktionshäuser möglicherweise flexible oder verlängerte Zahlungsbedingungen, um potenzielle Käufer anzulocken, aber in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können einige Käufer kalte Füße bekommen, in Konkurs gehen oder sich näher mit dem Werk befassen, was sie dazu veranlasst, ihre Meinung zu ändern, bevor sie die Zahlung abschließen.“
Den neuen Artprice-Reprt "The Contemporary Art Market 2025" habe ich für Monopol gelesen.
Die Konjunktur für Luxusgüter zieht wieder an, meldet Angelina Rascouet bei Bloomberg (Paywall): „Die Umsätze von LVMH kehrten im dritten Quartal unerwartet zum Wachstum zurück, da die Käufer viel Geld für Moët & Chandon Champagner und Dior Parfums ausgaben, was darauf hindeutet, dass sich der anhaltende Einbruch der Nachfrage nach Luxusgütern abschwächt.“
Das aktuelle Marktumfeld sei günstig für Unternehmenszukäufe, glaubt Rüdiger Weng, der mit seiner WFA AG durch den Verkauf von Artnet-Anteilen ausgesprochen liquide ist, im Interview mit Gereon Kruse von boersengefluester : “Die Voraussetzung für einen solchen Deal ist, dass wir ein Unternehmen finden, das uns direkt nach vorne bringt. Also auch strukturell. Das Timing scheint zu passen und es gibt erfolgversprechende Verhandlungen. Ich hoffe, dass wir noch im Laufe dieses Jahres Vollzug vermelden können. Dann wird es auch einfacher, zu erklären, wie wir uns die Neuausrichtung des Unternehmens vorstellen. […] Die Bewertungen von Unternehmen, die man im Moment kaufen kann, sind erheblich niedriger als sie vor drei oder vier Jahren waren. Das spielt uns voll in die Hände. Ich glaub, wir sind in Deutschland das einzige Kunstunternehmen, das 2025 einen so hohen Gewinn verbuchen kann. Und ich sehe verhältnismäßig wenig Konkurrenz um uns herum. Daher bin ich optimistisch, dass wir es schaffen, einen oder mehrere Deals hinzubekommen, die uns schon 2026 und in der weiteren Zukunft zu einer deutlich positiven Wende führen werden.“
Mit Geschenktipps für Weihnachten kann man gar nicht früh genug anfangen. Wie eine Clique finanzkräftiger Marktteilnehmer Jean-Michel Basquiat zur gewinnbringenden Marke aufbaute, erzählt Doug Woodham in seinem Buch „Jean-Michel Basquiat: The Making of an Icon“, das Felix Salmon bei Bloomberg (Paywall) vorstellt. „Der Kunstmarkt ist klein und sehr anfällig für Manipulationen. Woodham zeigt, wie Basquiats posthume Karriere nicht nur von seinem Vater als Nachlassverwalter, sondern auch von einer kleinen Gruppe gut vernetzter Investoren und Sammler, darunter vor allem Jose Mugrabi, Peter Brant und der verstorbene Enrico Navarra, sorgfältig gesteuert wurde. Diese Männer und eine Handvoll anderer, darunter Basquiats ehemaliger Händler Bruno Bischofberger, boten auf dem Markt, wann immer die Preise schwach aussahen. Sie waren bereit und in der Lage, seine Werke in großen Mengen zu kaufen.“
Scharfe Töne schlug Kulturstaatsminister Wolfram Weimer auf der Frankfurter Buchmesse an, diesmal allerdings zugunsten der Kultur, wie Alexander Cammann in der ZEIT berichtet: „Weimer blies zur Attacke auf Digitalkonzerne, sodass man sich momentweise an eine Rede von Heidi Reichinnek erinnert fühlte. Weimer sprach vom 'geistigen Vampirismus', den 'amerikanische und chinesische Tech-Giganten' mit der Entwicklung von künstlicher Intelligenz betreiben würden, weil sie menschliche Werke einfach so für sich auspressen würden. Die KI würde damit ins Herz der Literatur treffen, die viel gefeierte blaue Blume übermähen und die Literatur zur Ware herabwürdigen. 'Autonome Kunst wird zur Beute'“. Jetzt muss er seine markigen Worte nur noch in Politik umsetzen.
In Irland wird das 2022 testweise eingeführte Grundeinkommen für 2.000 Künstler jetzt dauerhaft als Basic Income for the Arts (BIA) eingerichtet, berichtet Harrison Jacobs in seinem mit vielen weiterführenden Links unterfütterten Artikel für Artnews. Hallo, Herr Weimer!
Nur 507 Millionen Euro soll das neue Museum Berlin Modern kosten, statt wie zuletzt kalkuliert 526,5 Millionen, meldet dpa. Und es soll auch nur ein Jahr später als geplant 2029 eröffnen. Da will sich Hamburg laut eines Berichts des Spiegel (mit Agenturmaterial) nicht lumpen lassen und toppt die Bundeshauptstadt mit dem Plan eines Coups. Sie wolle für schlappe 595 Millionen Euro die Hälfte von René Benkos Elbtower-Ruine übernehmen und ihn zu Ende bauen: „Das Naturkundemuseum soll etwa 46.000 Quadratmeter in den unteren zwölf Etagen sowie im großen Publikumsbereich nutzen.“ Damit hätte die Hansestadt nicht nur mehr Steuergeld ausgegeben als Berlin, sondern auch gleich noch das größte Museum Deutschlands errichtet. Denn der bisherige Spitzenreiter, das Deutsche Museum in München, verfügt an seinem Hauptstandort nach eigenen Angaben nur über 45.000 Quadratmeter. Der Louvre in Paris ist weltweit Spitzenreiter mit 73.000 Quadratmetern. Augenmaß war schon immer eine hanseatische Tugend.
Den komplexen Restitutionsstreit über zwei Rechtsräume (Deutschland und USA) hinweg um die verbliebenen Gemälde von Piet Mondrian im Krefelder Museum versucht Patrick Bahners in der Form des Kommentars für die FAZ einzuordnen. Verständlicher wird das von ihm bemängelte „Juristenenglisch“ dadurch nicht.
Von der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Kunstkritik an den Kollegen Michael Huber berichtet Georg Leyrer im Kurier: „Vor Wegbegleitern, Kolleginnen und Kollegen, Vertretern der Kunst und der Museenlandschaft sowie Freunden und Familie [...] hat Michael Huber in den Praterateliers Freude und Dankbarkeit geäußert - darüber, dass 'die Jury mich in meiner Rolle als Zuhörer und Übersetzer wahrgenommen hat'. Denn das Kunstbiotop, das sich in Österreich 'hervorragend entwickelt' hat, verdient 'nicht nur Schulterklopfer, Claqueure und Herzerlposter, sondern auch ein faires und ernsthaftes Gegenüber'.“ Hallo, Herr Weimer!