Kobels Kunstwoche 48 2025
So gute Nachrichten gab es schon länger nicht mehr vom Auktionsmarkt. Kunst für rund zwei Milliarden Dollar wechselte bei den Herbstauktionen in New York vergangene Woche den Besitzer. Über Sotheby's berichten Elisa Carollo für den Observer, Zachary Small und Julia Halperin für die New York Times (evtl. Paywall) und Sarah Douglas für Artnews. Über die Woche bei Christie's schreiben Harrison Jacobs und Brian Boucher bei Artnews, Eileen Kinsella bei Artnet (evtl. Paywall) und Elisa Carollo im Observer.
In seiner Zusammenfassung der Ergebnisse für Artnews warnt George Nelson jedoch vor Euphorie: „Eine Person, die sich jedoch nicht allzu sehr mitreißen ließ, war Philip Hoffman, Gründer der Fine Art Group, der gegenüber ARTnews erklärte: 'Zwar ist das Interesse zweifellos gestiegen, aber ich würde nicht sagen, dass der Markt wieder boomt. In den Galerien für junge zeitgenössische Kunst ist nach wie vor ein deutlicher Rückgang der Kaufaktivitäten zu verzeichnen. Der untere bis mittlere Marktbereich bleibt weiterhin schwierig.'“
Die Beraterin Megan Fox Kelly setzt die Ergebnisse im Interview mit dem Observer in Perspektive: „Ich würde den Ton als zuversichtlich, aber selektiv beschreiben. Die Stärke, die wir gesehen haben, war kein plötzlicher „Aufschwung“ – es war die Reaktion des Marktes auf wirklich außergewöhnliches Material. Wenn es ein Signal gibt, das zählt, dann ist es, dass die Nachfrage nach großartigen Werken nie verschwunden ist. Die Erzählung von einem schwächelnden Markt in den letzten sechs Monaten entstand aufgrund eines Mangels an Angebot, nicht aufgrund eines Mangels an Käufern. Wenn Sammlungen dieses Kalibers auftauchen – Werke mit einwandfreier Provenienz und echtem kunsthistorischem Gewicht –, erzählen die Gebote eine ganz andere Geschichte als die Schlagzeilen. Wir müssen auch noch etwas anderes anerkennen: Diese Ergebnisse wurden durch Nachlässe und langjährige Sammlungen erzielt, nicht durch Sammler, die sich aufgrund des perfekten Zeitpunkts zum Verkauf entschlossen haben. Wären die Werke von Lauder oder Ross Weis im Mai aufgetaucht, würden wir jetzt ganz anders über die Frühjahrssaison sprechen – und es gäbe weit weniger Geschichten über einen 'Marktrückgang'.“
Die beiden Sammlungen von Gund und Lauder, die in dieser Saison den Markt befeuern, könnten allerdings auch als letztes Fanal einer aussterbenden Art von Sammlern und Mäzenen sein, fürchtet Robin Pogrebin in der New York Times: „'Wo sind die wichtigsten Kunstmäzene – diejenigen, auf deren Unterstützung wir uns in so vielen Bereichen verlassen konnten?', fragte Michael M. Kaiser, Vorsitzender des DeVos Institute of Arts and Nonprofit Management an der University of Maryland, der früher das John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington leitete. 'Wir befinden uns derzeit in einer Zeit, in der wir so viele von ihnen im ganzen Land verlieren.' Spender der Liga eines Gund oder eines Lauder sind oft selbst weit über 70 Jahre alt, ohne dass eine klare Nachfolge durch neue Kräfte in Sicht wäre.“
Das erste Superman-Comicheft aus dem Jahr 1939 hat bei Heritage Auctions mit 9,12 Millionen Dollar inklusive Aufgeld einen neuen Rekord aufgestellt, meldet George Gene Gustines in der New York Times.
Abu Dhabi hat Monopols Chefredakteurin Elke Buhr für die dortige Kunstmesse und die parallel stattfindende Manar-Lichtkunstschau besucht: „Und die Abu Dhabi Art wächst mit. Noch vor ein paar Jahren war sie eine kleine, eher lokale Salonmesse. Diesmal nehmen 142 Galerien teil, satte 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Es ist die letzte Ausgabe, bevor 2026 die Frieze mit einsteigt und die Messe auf ein neues Level heben wird.
Der Boom mag plötzlich erscheinen, aber er ist von langer Hand geplant, erklärt Messedirektorin Dyala Nusseibeh bei einem schnellen Kaffee im Messerestaurant. 'Über zwei Dekaden ist viel Arbeit in die Museen geflossen, und in die kulturellen Ökosysteme.'“ Den staatlich entfachten Kunstmarkt-Boom am Persischen Golf versucht Ingo Arend für Monopol (Paywall) zu erklären: „Die neuen Messen, die nun entstehen, sind freilich nicht nur Luxusspielzeuge für die arabische Bourgeoisie. Sie sind Teil einer geopolitischen Verschiebung historischen Ausmaßes. Die Staaten am Golf sind zum Zentrum eines mächtigen Wandels geworden. Wie ein Magnet ziehen sie das globale Kapital an.Im Jahr 2025 werden schätzungsweise 142 000 Millionäre über Grenzen hinweg umziehen, so die Expertinnen von Henley & Partners, einer Agentur, die Wohnsitze und Staatsbürgerschaften internationaler Investoren managt. Von diesen Millionären wird der größte Anteil – netto 9800 – in die VAE ziehen und rund 63 Milliarden US-Dollar an investierbarem Vermögen mitbringen. Großbritannien dagegen etwa, so die Prognose, dürfte 16 500 Millionäre verlieren.“
Aus Luxemburg berichtet Monopol: „Der Name ist Luxembourg Art Week, dahinter steckt aber eine Messe – und zwar eine, die sich in den vergangenen zehn Jahren zum führenden Kunstmarkt-Event in der Region aufgeschwungen hat. [...] Flankiert wird die Messe wie jedes Jahr vom Art Walk, der Luxemburg in einen weitläufigen Parcours aus Skulpturen, temporären Schaufensterprojekten verwandelt. Die Route verbindet Stadtzentrum und Bahnhof, führt an Institutionen vorbei und öffnet zahlreiche Orte für künstlerische Interventionen. Auch Talks setzen Akzente: von generativer KI und Fragen der Urheberschaft über neue Finanzierungsmodelle bis hin zu einem Montréal-Panel, das Einblicke in die Dynamik der kanadischen Kunstszene gibt. So entsteht ein Messewochenende, das kompakt bleibt, aber international wirkt.“ Für das Luxemburger Wort berichtet Lydia Linna: „Aber der Kauf von Kunst muss nicht unbedingt eine große Investition sein. Unter den Hunderten von Werken, die an diesem Wochenende ausgestellt werden, gibt es viele Möglichkeiten für Kunstliebhaber mit kleinem und großem Geldbeutel. 'Zögern Sie nicht, Fragen zu stellen', rät Mélanie de Jamblinne, Direktorin der Art Week, Erstkäufern. 'Neugierig zu sein, ist der erste Schritt.'“ Der Saarländische Rundfunk war mit einem Kamerateam vor Ort.
Kurz vor der Messe in Luxemburg hat Deloitte seinen 500 Seiten starken neuen Art & Finance Report (PDF_Download) veröffentlicht: „Vermögensverwaltungen müssen beachten, dass sich die Ansprüche der Sammler:innen an Kunst als Kapitalanlage derzeit wandeln, insbesondere bei den NextGen-Sammler:innen. Diese Gruppe priorisiert bei derKunstanlage zunehmend Werte wie Identität, Vermächtnis und kulturellen Impact. Die finanzielle Rendite hat demgegenüber für 72 Prozent dieser Generation geringere Bedeutung, und nur 52 Prozent nennen Rendite als ein Hauptmotiv (2023: 83%). Unter den Sammler:innen insgesamt steigt zugleich der Anteil derer, die ausschließlich kulturelle und emotionale Motive verfolgen, auf neue Höchstwerte. Vermögensverwaltungen sollten daher vermehrt in ganzheitliche Strategien investieren, mit denen sie unter anderem dem Bedürfnis nach kulturellem Impact Investment gerecht werden.“
Der Hamburger Salon der Gegenwart ist ein privat organisiertes Projekt, das jährlich eine Auswahl der aktuellen Produktion an deutschen Kunsthochschulen präsentiert. Frank Kurzhals stellt die aktuell 15. Ausgabe im Handelsblatt vor: „Jedes Jahr schreibt das Ehepaar gut 60 Professorinnen und Professoren von Kunsthochschulen an, die ihren Schwerpunkt im Bereich der Malerei haben. Ungefähr 40 antworten regelmäßig und folgen der Bitte, jeweils ihre talentiertesten drei bis vier Studierenden zu nennen. Die besucht Christian Holle dann in einer Tour durch Deutschland in den Ateliers und entscheidet, wer mit welchen Arbeiten in die Ausstellung kommt. Sein Kriterium ist die Vielfalt, und genau das spiegelt der Salon der Gegenwart wider.“
Die wichtigsten 100 Personen im Kunstbetrieb hat Monopol gekürt (Paywall). Platz 1 Gerhard Richter, Platz 2 die Golfstaaten, Platz 3 Kara Walker. Die zehn teuersten Gemälde auf Auktionen gibt es gratis dazu.
Die New Yorker Galerie Sperone Westwater schließt Ende des Jahres. Von Katya Kazakina am vergangenen Freitag bei Artnet (evtl Paywall) noch als Gerücht gemeldet, bestätigt jetzt Alex Greenberger bei Artnews. Damit ist die knapp unter dem Label Mega rangierende Galerie das hochkarätigste Opfer des seit einiger Zeit grassierenden Galeriesterbens.