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Kobels Kunstwoche

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Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 49 2025

In seiner ausführlichen Analyse der New Yorker Auktionswoche arbeitet Zachary Small für die New York Times einige Trends heraus: „Aber mit etwas Strategie und ein wenig Glück verkauften die Auktionshäuser letzte Woche Kunstwerke im Wert von 2,2 Milliarden Dollar. Insgesamt erzielten die großen Auktionen im November in New York einen Anstieg von 77 Prozent gegenüber den entsprechenden Auktionen des Vorjahres (allerdings immer noch 30 Prozent weniger als der jüngste Höchststand des Marktes von 3,2 Milliarden Dollar im Jahr 2022). Wie haben sie das geschafft? In diesem Jahr haben die Auktionshäuser ihre Schätzungen zurückhaltender gestaltet und die Einlieferer dazu ermutigt, ihre Erwartungen zu senken. Außerdem garantierten sie, dass 70 Prozent des geschätzten Wertes der Abendauktionen bereits vor Öffnung der Auktionsräume so gut wie verkauft waren. Führungskräfte beschafften seltene Gemälde aus den Nachlässen kürzlich verstorbener [...] Die gemischten Ergebnisse deuteten darauf hin, dass der Kunstmarkt zwar noch nicht zu seinen jüngsten Höchstständen zurückgekehrt ist, aber vielleicht wieder Fuß gefasst hat. Zwölf Gemälde wurden für jeweils mehr als 20 Millionen Dollar verkauft, gegenüber sieben im letzten November, aber weniger als 24 im November 2023.“

Ein weitgehend düsteres Bild zeichnet der New Yorker Galeristen Marc Straus in seiner fundierten Zustandsbeschreibung des (US-amerikanischen] Kunstmarkts für Hyperallergic - Medienschelte inklusive: „Dieser rückläufige Markt wird durch eine Verdopplung und Verdreifachung der Transportkosten für Kunstwerke und höhere Mieten, insbesondere in New York City, noch verschärft. Die Mieten für Räumlichkeiten in der Grand Street, wo sich der Hauptsitz meiner Galerie befindet, können bis zu 200 Dollar pro Quadratfuß betragen. Das Schlimmste daran ist nicht die Schließung von Blum im Juli. Es sind vielmehr die rund 60 meist jüngeren Galerien, die in den letzten dreieinhalb Jahren geschlossen wurden und über die fast niemand berichtet hat. Man muss nur die Galerienliste der Lower East Side von 2020 mit der aktuellen vergleichen. Was Kunstmarktanalysten schreiben, ist faktisch richtig, aber die Daten sind nicht vollständig repräsentativ. Galerieverkäufe sind fast immer privat, und nur ein kleiner Prozentsatz gibt seine Umsätze und Gewinne wahrheitsgemäß bekannt. Wo dies öffentlich ist, wie bei der renommierten Sadie Coles Gallery in London, sehen wir Beispiele für Umsatzrückgänge von über 50 %. Die durchschnittlichen Galerieumsätze sind Berichten zufolge um 8 bis 10 % zurückgegangen. Das hätte kaum zu Schließungen geführt. Es ist viel, viel schlimmer.“ Doch es gebe Licht am Ende des Tunnels: „Wie Kurator Alex Feim kürzlich feststellte, werden gerade eine ganze Reihe neuer Galerien eröffnet. Die Armory Show im September war gut besucht. Man spürt zwar eine gewisse Zurückhaltung, aber auch neue Begeisterung. Die neueren Sammler lernen den Wert des persönlichen Betrachtens kennen, die Faszination, ein Kunstwerk zu sehen, in das sie sich verlieben, den Austausch mit Galeristen. Erfahrenere Sammler kehren zurück.“

Die FAZ vom 29. November bestreitet ihren Kunstmarkt vollständig mit Vorschauen auf die Auktionen im deutschsprachigen Raum, online sämtlich hinter der Paywall.

Die Spitzenergebnisse der Auktion bei Grisebach in Berlin letzte Woche sind Rüdiger Stumpf Anlass, in der Berliner Zeitung (Paywall) das Für und Wider der Investition in Kunst zu erörtern. Dabei verspricht er zunächst viel: „Wir sagen, wie jeder in Kunst investieren kann, warum er nicht auf hohe Wertzuwächse spekulieren sollte und welche Strategie zum Erfolg führt.“ Der Rest ist allerdings recht beliebig und nicht besonders originell: „'Der Kunstmarkt ist intransparent und höchstgradig subjektiv, erklärte Matthias Bohn, Vorstand der P&S Vermögensberatung in Bayreuth der Tageszeitung Welt. Als Finanzprodukt sei Kunst aufgrund der fehlenden Fungibilität nicht geeignet. Es sei weder planbar noch absehbar, wann Kunst wieder veräußert werden kann. Auch die oft behauptete niedrige Korrelation mit anderen Anlageklassen führe in die Irre. Da es keine beobachtbaren Preise – außer die seltenen Auktionen – für das einzelne Kunstobjekt gebe, finde zwar eine theoretische 'Risikoglättung' im Gesamtportfolio satt. 'Die ist allerdings mehr Schein als Sein, da sie einer unzulänglichen Datenbasis entspringt.' Trotz dieser ernüchternden Erkenntnis kann es sich lohnen, in Kunst zu investieren. Statt sich von Hypes treiben zu lassen, sollten Sammler jedoch eine wohlüberlegte Strategie verfolgen. Eine Option ist es, auf kleinere Werke international etablierter Künstler zu setzen – zum Beispiel Zeichnungen, Grafiken oder Drucke.“ Damit endet der Text an dem Punkt, an dem eigentlich beginnen sollte.

Ein in den USA beliebtes Steuersparmodell stellt Daniel Grant im Observer vor: „Ein etwas unelegant als CRUT bezeichneter Charitable Remainder Unitrust ermöglicht es Sammlern, materielle Gegenstände wie Kunstwerke in einen Trust zu übertragen und einen Treuhänder zu beauftragen, das Kunstwerk zu verkaufen, wenn der Markt einen Höchststand erreicht hat. Der Verkaufserlös ist steuerlich gestundet, und das Geld kann innerhalb des Trusts reinvestiert werden, um im Laufe der Zeit zu wachsen. Wenn Sammler X ein Gemälde im Wert von 1 Million Dollar besitzt und es direkt verkauft, muss er 41 Prozent Steuern zahlen und erhält 590.000 Dollar. Wenn Sammler X das Gemälde jedoch in einen CRUT einbringt und dann verkauft, stehen ihm die gesamten 1 Million Dollar zur Verfügung und er zahlt die Kapitalertragssteuer aufgeschoben.“

Die auf Außenstehende möglicherweise bizarr wirkenden Usancen im Kunstmarkt versucht der Ex-Galerist Orlando Whitfield in der Financial Times zu erklären: „Es könnte noch mehrere solcher Ebenen zwischen Ihnen und der Ermittlung des Preises geben – bevor die Galerie entscheidet, ob sie Ihnen etwas verkaufen will. Wenn das nach Snobismus klingt, haben Sie Recht. Die Kunstwelt lebt von Snobismus (auch wenn dieser oft als 'Geschmack' bezeichnet wird), um sich weiterhin über den Markt für Luxusgüter oder einfach nur dekorative Vermögenswerte zu erheben. Schließlich handelt es sich hier nicht um Einzelhandel, sondern um Kultur, und nichts unterstreicht diese Vorstellung so sehr wie die Notwendigkeit, Ihre Eignung als Sammler gegenüber einem 25-jährigen Kunstgeschichtsabsolventen unter Beweis zu stellen. Nur weil Sie reich sind, heißt das nicht, dass Sie einfach losgehen und etwas kaufen können. Dies spiegelt sich auch in der charakteristischen Sprache der Kunstwelt wider: 'erwerben' statt 'kaufen' zum Beispiel. Die Sprache soll die Natur Ihres Kaufs – pardon, 'Erwerbs' – aufwerten, damit Sie nicht zu viel darüber nachdenken. Dies steht in krassem Gegensatz dazu, wie viele Händler hinter den Kulissen über ihre Waren sprechen: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Meisterwerke als 'Lagerbestand' oder einfach als 'Zeug' bezeichnet werden. (Die Kunstwelt ist ein sehr streng hierarchisches Milieu.)“

In einem ausführlichen Interview mit Cornelius Tittel für die WeLT erzählt Ingvild Goetz aus ihrem Leben und wie sie von der Galeristin zur Sammlerin wurde: „WELT: Damals stellten Sie aus, was Sie kauften – nicht wie heute, wo Galerien auf Kommission arbeiten. Goetz: Nein, ich machte beides. Aber oft kaufte ich die Werke direkt und sagte den Künstlern, dass ich sie ausstellen würde. Ich hatte mit meinen Editionen gut verdient – na ja, nicht viel, aber genug. WELT: Das Geld für all die Gemälde kam also nicht aus der Familie? Goetz: Nicht von meinem Vater. Aber Kunst war damals so billig – sie kostete praktisch nichts.“ Das ging seinerzeit, weil einerseits die Menschen damals noch in Galerien gingen und andererseits die Vertriebskosten – etwa durch Messteilnahmen und Raummieten – relativ überschaubar waren.

Auf einhundert Jahre Griffelkunst-Vereinigung blickt Frank Kurzhals im Handelsblatt zurück: „Johannes Böse hatte seine Schule in Hamburg-Langenhorn, einem Stadtteil der Benachteiligten. In einer neu errichteten Siedlung für Kriegsversehrte und kinderreiche Familien, die 1919 gebaut wurde, saß seine Zielgruppe. Bald war ein Großteil der Siedlungsbewohner Mitglied in seiner Griffelkunst. Während der Zeit des Nationalsozialismus überlebte die Griffelkunst durch Wegducken und unauffälliges Mitmachen. Nach Kriegsende begann dann bald der deutschlandweite Aufstieg des Vereins, der mittlerweile aus 90 Untergruppen besteht. Von einer kleinen Handvoll Mitgliedern auf Helgoland bis zu vielen in Düsseldorf und besonders vielen in Hamburg.“

Die parteilose Berliner Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson scheint ihren Laden genauso wenig im Griff zu haben wie ihr CDU-Vorgänger Joe Chialo. Nach Recherchen von Peter Laudenbach für die SZ vom 24. November könnte sie die Mauscheleien sogar nachträglich gedeckt haben: „Was Wedl-Wilson betrifft, ist [Daniel] Weseners Dossier eine interessante Lektüre. So soll sie sich darüber hinweggesetzt haben, dass Mitarbeiter ihrer Verwaltung Bedenken gegenüber einzelnen Projektträgern vorgebracht haben, bei denen keine ordnungsgemäße Geschäftsführung vorliege. Die Senatorin soll darauf hingewirkt haben, bei einigen Projekten die ablehnende Bewertung der externen Sachverständigen im Entscheidungsvermerk zu streichen, darunter ein Projekt, das von der Fachjury als 'nicht förderfähig' eingestuft worden sein soll. Im Juni 2025 soll die Senatorin gegenüber Verwaltungsmitarbeitern zudem deutlich gemacht haben, dass ein bestimmter Projektantrag eine hohe Priorität hat – ungeachtet seiner deutlich erkennbaren Unvollständigkeit.“

Eine kleine FAQ zu den Schiedsgerichten für Raubkunst, die am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen, hat dpa zusammengestellt. In diesem Zusammenhang bekräftigt Bayerns Minister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume ebenfalls laut dpa seine Forderung nach einem Restitutionsgesetz. Den Dienstantritt von Meike Hopp als neue Leiterin des Zentrums Kulturgutverluste in Magdeburg meldet epd.

Der Louvre erhöht den Ticketpreis für Nicht-EU-Ausländer auf 32 Euro, meldet der Spiegel (mit Agenturmaterial). Das liegt auf dem Niveau des regulären Eintrittsgelds für große Institutionen in den USA, wie das MoMA, das Philadelphia Art Museum oder das Art Institute Chicago.