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Definitiv nicht von Damien Hirst; Foto Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Definitiv nicht von Damien Hirst; Foto Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 13 2024

Mit dem Salon du Dessin und Drawing Now locken gleich zwei Messen spezialisierte Händler und Sammler nach Paris. Bettina Wohlfarth berichtet für die FAZ: „Fragonards Studie ist zum Leidwesen manches Connaisseurs zwar schon vergeben, aber im Palais Brongniart lassen sich auf der 32. Ausgabe des Salon du Dessin andere phantastische Blätter entdecken. Gut die Hälfte der 39 Galerien sind französisch, 17 Händler stammen aus den europäischen Nachbarländern oder den USA. Auch in diesem Jahr sind Kuratoren der weltweit wichtigen Grafiksammlungen zur Eröffnung angereist.“ Aurélie Tanaqui hat sich ebenfalls auf beiden Veranstaltungen für das Handelsblatt umgesehen: „Geht es im Salon um einen Ritt durch die Epochen, von der Renaissance bis zur Gegenwart, widmet sich 'Drawing Now' als erste Messe für zeitgenössische Kunst in Europa ausschließlich der Zeichnung. Im Carreau du Temple kommen 73 Galerien aus der ganzen Welt mit Werken von mehr als 300 Künstlerinnen und Künstlern zusammen. 19 Galeristen nehmen zum ersten Mal auf der Drawing Now teil; viele internationale Galerien stellen Frauen in den Mittelpunkt. Der neue Messesektor 'Flashback' präsentiert Soloshows mit Meisterwerken aus den Jahren zwischen 1913 und 1960. Er ermöglicht die Entdeckung von (zu) lange verborgener Kunst.“

Den lokalen Londoner Markt bedient durchaus erfolgreich eine Graphikmesse, die Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt besucht hat: „Die 'London Original Print Fair' kämpft seit der Coronakrise und nach dem Brexit um internationale Aussteller (bis 24. März). Daher ist die Londoner Messe zwar nicht international bekannt, aber lokal zeigt sie, dass der Londoner Sammlermarkt für Druckgrafik quicklebendig ist. […] Neben den etablierten Namen, die sowohl Galerien wie Hauser & Wirth oder auch Enitharmon Editions präsentieren, liegt die Stärke dieser Messe in den Entdeckungen junger Künstler, die sich verstärkt dem Medium der Druckgrafik zuwenden. Diese werden auf der Messe von vielfältigen Galerien, Händlern und auch Verlegern unterstützt.“

Ob der Kunstmarkt an der Krisenhaftigkeit des Weltgeschehens lieber vorbeischaut, fragt sich Scott Reyburn im Art Newspaper: „Bildende Kunst ist ein enorm vielfältiger Bereich der menschlichen Kreativität. Aber haben sowohl die kommerzielle als auch die institutionelle Kunstwelt das Gefühl, dass es einfach zu riskant ist, Werke - und Künstler - zu zeigen, die sich direkt mit den turbulenten Zeiten, in denen wir leben, auseinandersetzen? Oder wird zeitgenössische Kunst heute eher als emotionaler und finanzieller Zufluchtsort vor all diesen angstauslösenden Turbulenzen geschätzt? Zensieren sich die Künstler selbst oder geben sie den Kuratoren und Sammlern, was sie wollen? Die 243 internationalen Händler, die diesen Monat auf der Art Basel in Hongkong ausstellen, werden mit ziemlicher Sicherheit keine Kunstwerke zeigen, die mit dem 2020 von Peking erlassenen Gesetz zur nationalen Sicherheit zu tun haben, das die Meinungsfreiheit in der ehemaligen britischen Kolonie einschränkt.“ Eine erwartbar biegsame Antwort auf die von Reyburn gestellte Frage gibt Angelle Siyang-Le, die Direktorin der Art Basel Hong Kong, im Interview mit Harrison Jacobs für Artnews.

Den Ende letzten Jahres erschienenen 8. Art & Finance Report 2023 von Deloitte stellt Sabine Spindler im Handelsblatt vor: „Der alle zwei Jahre herausgegebene Report, der in Zusammenarbeit mit dem Londoner Kunstmarkt-Analysten ArtTactik [sic!] erstellt wird, fasst Stimmungen und Tendenzen dekadenweise und in kürzeren Abständen zusammen. Die Daten stammen von den drei Auktionsmultis Sotheby´s, Christie´s und Phillips. […] Deloitte wendet sich mit dem Report weniger an Sammler als an Finanzdienstleister. Der 8. Report empfiehlt dieser Branche vor allem das Luxussegment: Mit edelsteinreicher Juwelierkunst, Erinnerungsstücken von Sportstars und extravaganten Oldtimern.“

Ob Fractional Ownership, also Eigentumsanteile an einzelnen Kunstwerken, oder Editionen für Kleinanleger die bessere Option sind, versucht Anna Sophie Kühne im Wirtschaftsteil der FAZ zu erkunden. Den einzigen Expertenrat holt sie ausgerechnet bei jemandem ein, der als einer der größten Einzelaktionäre dem Aufsichtsrat eines Unternehmens vorsitzt, das letztere Variante anbietet. Das hätte man ruhig erwähnen können.

In die ganz eigene Welt der Memorabilia-Auktionen führt Rachel Monroe im New Yorker.

Eigene Marktplätze für Quantenkunst sagt Annika von Taube bei Monopol (Paywall) voraus: „Bisschen schade zwar, dass man den meisten quantentechnologisch erzeugten Werken ihren faszinierenden Ursprung nicht ansieht, aber allein dass sie diesen haben, nimmt jeder Kritik bezüglich ihrer etwaigen Banalität, für die es [...] klassisch analoge Malerei auch getan hätte, den Wind aus den Segeln. Aber ernsthaft, wenn Quantenrechner irgendwann ausgereift und für jeden Haushalt zugänglich sind, kann Quantenkunst ein big thing werden. Sie wird nur, wie bislang noch jede technologiebasierte Kunst, von den etablierten Kräften des Kunstbetriebs erst einmal ignoriert oder verlacht, und deshalb wird es für sie genauso eigene Marktplätze geben, wie es etwa bei blockchainbasierter Kunst der Fall war. Womit wir bei einem weiteren Vorzug von technologiebasierter Kunst wären: Sie schafft sich immer ihren eigenen Markt.“ War es bei „blockchainbasierter Kunst“ - vulgo NFT-Hype – nicht vielmehr eher so, dass nicht die Technik verlacht wurde, sondern die Heilsversprechen ihrer Jünger? Die Autorin nennt diese Quantenkunst übrigens Qunst. Das erinnert an Quäse.

Damien Hirst hat neu produzierte Kunstwerke künstlich gealtert und vordatiert. Maeve McClenaghan vom Guardian ist ihm zunächst bei drei Arbeiten auf die Schliche gekommen und hat kurz darauf noch einen auf alt getrimmten Hai in Aspik identifiziert: „Die Datierung von Kunstwerken bezieht sich in der Regel auf das Jahr, in dem sie fertiggestellt wurden. In einer Antwort auf Fragen des Guardian erklärte Hirsts Firma Science Ltd. jedoch, dass das Datum, das der Künstler den Formaldehyd-Werken zugewiesen hat, nicht dem Datum ihrer Entstehung entspricht. 'Formaldehyd-Werke sind konzeptionelle Kunstwerke und das Datum, das Damien Hirst ihnen zuweist, ist das Datum der Konzeption des Werks', so das Unternehmen. [...] Hirsts Anwälte stellten später klar, dass die Verwendung des Datums der Konzeption im Titel zwar der 'übliche Ansatz' des Künstlers für Formaldehyd-Werke sei, er aber manchmal auch das Datum der Herstellung der Skulpturen verwende. 'Die Datierung von Kunstwerken, insbesondere von konzeptionellen Kunstwerken, unterliegt keinem Industriestandard', sagten sie und fügten hinzu: 'Künstler haben das Recht, bei der Datierung ihrer Werke uneinheitlich zu sein (und sind es oft auch).'“ Hier irrt der (Jura-) Dichter. Da Vintageität und Provenienz Teil der preisbildenden Aura eine Kunstwerks sind, werden diese Dinge vom Markt sehr ernst genommen, und Hirst könnte sich, seinen Sammlern/Investoren und Galerien in seiner Gier einen Bärendienst erwiesen haben. Die Webseite des Künstlers ist übrigens aktuell offline und verweist darauf, demnächst als „the Damien Hirst complete catalogue raisonné“ zurückzukehren. Eine deutsche Zusammenfassung der Geschichte findet sich im Standard. Bei Monopol geht Daniel Völzke mit dem Künstler hart ins Gericht: „Vom eulenspiegelhaften Hohn des Tricksters ist beim mittlerweile 58-jährigen Hirst nicht viel übrig geblieben, stattdessen entpuppt er sich als schnöder Trickser, dem es nur um seinen Vorteil geht. Denn welche andere Idee steht hinter seinem Datumsschwindel, als den Wert dieser Arbeiten zu erhöhen, indem man sie zurückdatiert in eine glorreiche Zeit? Es fehlt schwer, sich bei Hirst noch ein anderes Motiv vorzustellen. […] Es ist nicht einfach, älter zu werden und sich immer wieder neu zu erfinden – gerade wenn man sich selbst als Rebell sieht. Abgehalfterte Rockmusiker verkaufen ihr Gesamtwerk an Kulturindustrie-Konzerne, nehmen Podcasts auf, malen oder gehen nochmal mit alten Alben auf Tour. Alles legitim, ja, es kann sogar anrührend sein. Was wäre die Akustikversion von Damien Hirst? Was ein würdiges Alterswerk? Es muss auch für einen solchen Hallodri einen Weg geben. Sich selbst als ewigen Berufsjugendlichen zu inszenieren und dann heimlich die eigenen Fans verarschen, das ist es nicht.“ Damit ist eigentlich alles gesagt.

Die diversen Banksy-Geschichten, die gerade durch den Blätterwald rauschen, fasst Olga Kronsteiner für den Standard elegant zusammen.

In einem Restitutionsfall hat ein New Yorker Gericht Sotheby's dazu verurteilt, die Namen von Käufer und Verkäufer offenzulegen, berichtet Colin Moynihan in der New York Times: "Auktionshäuser haben die Identität von Käufern und Verkäufern lange Zeit geheim gehalten, um ihre Privatsphäre zu schützen, aber die mangelnde Transparenz auf dem Kunstmarkt hat zunehmend Aufmerksamkeit erregt. Obwohl sich die US-Regierung gegen eine weitere Regulierung entschieden hat, stellen Kritiker/innen in Frage, ob der Markt, auf dem regelmäßig Millionen von Dollar den Besitzer wechseln, zu einem unfreiwilligen Hafen für Geldwäsche geworden ist. Mehrere Experten sagten, dass das Urteil eines Richters des Obersten Gerichtshofs des Bundesstaates, das im Januar gefällt, aber bisher nicht veröffentlicht wurde, insofern ungewöhnlich war, als dass es das Auktionshaus dazu aufforderte, die Namen beider an der Transaktion beteiligten Parteien zu veröffentlichen. Obwohl Gerichte manchmal anordnen, dass eine Partei in einem Verkauf genannt werden muss, so die Experten, ist es nicht üblich, dass beide offengelegt werden.“

Die Stadt Unna wird möglicherweise noch merken, dass sie sich mit der Annahme der Schenkung des 4.118 Werke umfassenden Nachlasses des Künstlerehepaars Buschulte ein Danaergeschenk eingehandelt hat. In einer Pressemitteilung heißt es: „Wilhelm Buschulte (1923–2013) ist insbesondere für sein Wirken im Bereich der Glasmalerei bekannt und stattete zahlreiche sakrale und profane Gebäude mit seinen Werken aus; darunter unter anderem die Frankfurter Paulskirche, die Dome zu Aachen, Münster und Paderborn sowie die Kapelle der Apostolischen Nuntiatur Berlin. Seine Frau Maria (1923–2014) wurde erst ab Anfang der 1970er Jahre künstlerisch aktiv, dennoch ist ihr Werk sehr umfangreich. Es umfasst vorwiegend Portraitzeichnungen und Stillleben. […] 'Wir planen darüber hinaus, alle Werke schrittweise in einer Museumssoftware zu erfassen, damit sie auch für den Leihverkehr zur Verfügung stehen', kündigte der für Kultur zuständige Erste Beigeordnete Sandro Wiggerich an.“

Ein knappes Dreivierteljahr, nachdem die Frieze die Armory Show gekauft hat, verlässt deren Direktorin Nicole Berry das Unternehmen in Richtung Hammer Museum (Los Angeles), meldet Maximilíano Durón bei Artnews: „Berrys Weggang ist die erste große Veränderung seit der Übernahme der Messe und der Expo Chicago durch die Frieze, die ihre eigenen Messen in London, New York, Los Angeles und Seoul veranstaltet. Als die Übernahme im Juli letzten Jahres angekündigt wurde, sagte Frieze-CEO Simon Fox, dass die beiden Messen ihre Führungsstruktur beibehalten würden und dass die Übernahme die Zukunft beider Messen nicht gefährde“. Das klang damals schon nach einem überspezifischen Dementi.